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STONE (USA 2010)

von Hasko Baumann

Original Titel. STONE
Laufzeit in Minuten. 101

Regie. JOHN CURRAN
Drehbuch. ANGUS MACLACHLAN
Musik. PETER PAN
Kamera. MARYSE ALBERTI
Schnitt. ALEXANDRE DE FRANCHESCI
Darsteller. ROBERT DE NIRO . EDWARD NORTON . MILLA JOVOVICH . FRANCES CONROY u.a.

Review Datum. 2011-03-07
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

STONE ist das, was man einen Schauspielerfilm nennt. Und das ist in diesem Fall von besonderem Interesse, weil sich alle drei Stars letzthin auf Karrieresackgassen zuzubewegen drohten. Robert De Niro dreht nach eigenen Aussagen mittlerweile nur noch das, was ihm Spaß macht; das sei ihm zwar gegönnt, nur darf man doch durchaus die Stirn runzeln ob seiner Rollenauswahl der letzten Jahre - entweder der Ausnahmemime grimassiert sich durch albernste Komödien oder schlafwandelt in halbgaren Thrillern und unausgegorenen Gruselfilmen. Ein gewisser Mangel an Ambition muß dem Manne unterstellt werden dürfen. Edward Norton hingegen wird nicht müde, seine Ansprüche auch gegen Studios, Produzenten und die eigenen Regisseure durchzufechten; so überraschend seine Verpflichtung als Hulk war, so sehr schadete sich Norton mit den folgenden Statements um zukünftige Auftritte im Marvel-Universum. Und Milla Jovovich kennt man nur noch als Erfüllungsgehilfin ihres Mannes Paul Anderson, der sie wieder und wieder als Action-Amazone durch die RESIDENT EVIL-Franchise jagt. In John Currans STONE nun haben sich alle drei wieder auf ernstzunehmende Rollen eingelassen, die weder übersteigerte Eitelkeit noch die Maximierung der eigenen Starpower erlauben.

De Niro ist Jack Mabry, der im Gefängnis entscheidet, ob Insassen vor Ablauf ihrer Strafe entlassen werden können oder nicht. Sein aktueller Fall ist ein Brandstifter namens Stone (Norton), der im achten Jahr seiner fünfzehnjährigen Haftstrafe raus will. Stone ist ein komplizierter Gesprächspartner für Mabry, und es sieht nicht unbedingt so aus, als würde sich der etwas wirre Knacki seine Freiheit erkämpfen können. Also tritt seine Frau Lucetta (Jovovich) auf den Plan, die den zuerst zögerlichen Mabry verführt - oder vielmehr, das ist die Stärke dieser Szene, es ihm erlaubt, sich selbst zu verführen. Mabry wird süchtig nach dem Sex mit der Nymphomanin Lucetta, die ihm auch für die Zeit nach der Freilassung Stones schöne Stunden verspricht; seine eigene Ehe mit seiner Frau Madylyn (Frances Conroy) ist schon seit Jahrzehnten nur eine Lebenslüge.

Mabry ist nämlich ein Mann, in dem Wut und Gewalt schwelen und kochen und der selbst weiß, daß er diese kaum unter Kontrolle hat. Für De Niro ist das endlich wieder einmal Gelegenheit, eine Figur zu spielen, deren Charakterzüge nicht sofort allesamt an den Klamotten abzulesen sind. Was zunächst noch wie eine seiner ich-ziehe-die-Mundwinkel-ganz-weit-runter-Performances aussieht, wird mehr und mehr zum vielschichtigen Portrait eines selbstbezogenen Arschlochs mit jeder Menge Angst vor sich selbst. Stone, von Edward Norton wie eine mögliche Weiterentwicklung seiner berühmten Rolle in PRIMAL FEAR angelegt, ist dabei Verführung und Todesengel zugleich. Lucetta spielt dabei nur das Instrument und die Erfüllung der geheimen säuischen Träume Mabrys, die er sonst auch mal besoffen an Kolleginnen auszuleben gedenkt. Religion ist dabei - wieder einmal - die wirksamste regressive Drohkulisse, die sich nicht nur in sowohl Treue als auch Haß von Mabrys Frau manifestiert, sondern auch in den ständig zu hörenden Einspielern einer christlichen Diskussionshow im Radio. Der letzte Anrufer ist Stone selbst, der seine Epiphanie in der Begegnung mit einem höheren Wesen erfahren hat über das Summen eines Insektes. Am Anfang des Films verliert eine Biene in einer dramatischen Rückblende ihr Leben; am Ende wird das Summen wieder ertönen. Auch Mabry hört es. Aber nur für einen Moment.

STONE ist ein überraschend sperriger Film geworden, der schon mit dem ausgesprochen schrägen Score eines gewissen Peter Pan von Anfang an dissonante Akzente setzt. Leider ist es Curran über die interessante Figurenkonstellation hinaus nicht gelungen, den Zuschauer zu fesseln; die schlußendlich tatsächlich durchaus einnehmende Vielschichtigkeit des Plots kündigt sich für zu lange Zeit einfach nicht in den Geschehnissen an. Was bleibt, ist das nicht zu verachtende Vergnügen, De Niro einmal wieder auf der Höhe seiner Kunst erleben zu dürfen.

STONE ist ab dem 15.03.2011 von Ascot Elite auf DVD und Blu-ray erhältlich.











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