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SOMEWHERE (USA 2010)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. SOMEWHERE
Laufzeit in Minuten. 98

Regie. SOFIA COPPOLA
Drehbuch. SOFIA COPPOLA
Musik. PHOENIX
Kamera. HARRIS SAVIDES
Schnitt. SARAH FLACK
Darsteller. STEPHEN DORFF . ELLE FANNING . CHRIS PONTIUS . MICHELLE MONAGHAN u.a.

Review Datum. 2010-09-18
Kinostart Deutschland. 2010-11-11

Der Stoff scheint ihr zu liegen: Wie in LOST IN TRANSLATION erzählt Sofia Coppola in SOMEWHERE von einem vereinsamten Filmstar, der durch die Beziehung zu einer jüngeren Frau "ins Leben zurückfindet", seine Prioritäten und seinen Lebensstil überdenkt, erneut ist ein Hotel zentraler Schauplatz der Handlung. Der Filmstar ist diesmal eine Spur jünger und auf der Höhe seiner Kunst, die "jüngere Frau" ist seine elfjährige Tochter, sodass die in LOST IN TRANSLATION gegebene Ambivalenz der Beziehung von vornherein fehlt. Dennoch: Es scheint offensichtlich, dass Sofia Coppola nach dem verhalten aufgenommenen MARIE ANTOINETTE mit ihrem neuen Film an LOST IN TRANSLATION anknüpfen möchte. Der Goldene Löwe in Venedig sowie erste Reviews legen nahe, dass ihr dies geglückt ist. Doch trotz des ähnlichen Setups unterscheiden sich die beiden Filme qualitativ wie stilistisch stark.

Stephen Dorff spielt Johnny Marco, einen erfolgreichen Schauspieler, der dauerhaft im Hotel Chateau Marmont in Los Angeles lebt. Sein Leben ist luxuriös und voller Glamour, aber doch einsam und leer, auch sein Ferrari und die regelmäßig aufs Hotelzimmer bestellten Stripperinnen können das nicht ändern. Das ist nicht nur ein Klischee, sondern auch alles andere als schwierig zu begreifen - Sofia Coppola macht sich dennoch die Mühe, es uns mit Holzhammer-Metaphern immer und immer wieder zu erklären. Johnny Marco dreht Runde um Runde in seinem Ferrari, steigt danach sichtlich ratlos aus, schläft während des Striptease, später auch beim Sex ein und nimmt es einfach hin, wenn Kumpel Sammy (Chris Pontius) ungefragt auf seinem Zimmer Partys gibt. Das ist redundant und viel weniger tiefsinnig, als Coppola es uns weismachen will.

Natürlich war auch schon der angebliche Tiefgang von LOST IN TRANSLATION lediglich behauptet, doch die Bildsprache, die immer wieder eingestreuten subtil-komischen Momente und das Zusammenspiel der Hauptdarsteller machten den Film dennoch zu einem eindringlichen Kinoerlebnis. Die Darsteller sind auch in SOMEWHERE über jeden Zweifel erhaben: Dorff gibt dem bewusst nur im Ansatz charakterisierten Johnny Marco ("I‘m not even a person.", sagt er gegen Ende des Films selbst) eine jungenhafte Qualität, gleichzeitig aber auch eine resignierte Betrübtheit. Elle Fanning beweist als seine Tochter Cleo großes Talent und wertet nicht nur Marcos Leben, auch den Film auf: Erst, als Cleo aufgrund einer Reise ihrer Mutter auf unbestimmte Zeit bei ihrem Vater leben muss, kommt SOMEWHERE in Fahrt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Film zäh, der Zuschauer nicht weniger gelangweilt als der Protagonist. Das liegt zum Einen an der Bildsprache, die diesmal rauer, wahrscheinlich realistischer, aber eben auch unspektakulärer, weniger eindrucksvoll daherkommt. Zum Anderen liegt es an den meist missglückten Versuchen, komische Momente zu schaffen. Chris Pontius ist hier überraschenderweise noch ein Lichtblick, doch wirken die wohl witzig gemeinten, aber leider ziemlich verbrauchten Szenen (Marco und eine Schauspielkollegin tauschen beim Fotoshooting zwischen den Bildern Beleidigungen aus etc.) eher wie Fremdkörper in einem ansonsten sehr freudlosen Film.

Doch wie erwähnt: Der Film wird besser, je länger er dauert. Zwischen Vater und Tochter entsteht eine Dynamik, ihre Beziehung wird enger - und doch ist immer eine gewisse Fremdheit zwischen den beiden zu spüren. Das sorgt gerade kurz vor Schluss für einige sehr berührende Momente, wenn beispielsweise Johnny Marco seiner Tochter sagen will, dass er seine Dauerabwesenheit bereut, aber von Hubschrauberlärm übertönt wird. Hier wird das Potential des Films deutlich: Als Studie der Vater-Tochter-Beziehung, würde deren im Film begonnene Entwicklung auch weiterhin gezeigt.

Doch letztlich ist SOMEWHERE kein Film über diese Beziehung, sondern ein Film über Johnny Marco. Der hat am Ende erkannt, dass er sein Leben und sich ändern muss - eine wenig überraschende Erkenntnis, die uns Coppola mit großem Pathos serviert. So bleibt SOMEWHERE letztlich vorhersehbar und oberflächlich; dass das in Ordnung wäre, wenn dafür der Unterhaltungswert stimmt, hat Sofia Coppola mit LOST IN TRANSLATION bewiesen. Diesmal wollte sie sich wohl mehr auf Story und Charaktere verlassen und kommt, inhaltlich wie qualitativ, leider nur zu einem halbgaren Ergebnis.











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