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DER ROTE PUNKT (Deutschland/Japan 2008)

von Andreas Neuenkirchen

Original Titel. DER ROTE PUNKT
Laufzeit in Minuten. 82

Regie. MARIE MIYAYAMA
Drehbuch. MARIE MIYAYAMA . CHRISTOPH TOMKEWITSCH
Musik. HELMUT SINZ
Kamera. OLIVER SACHS
Schnitt. MARIE MIYAYAMA
Darsteller. YUKI INOMATA . HANS KREMER . ORLANDO KLAUS . IMKE BÜCHEL u.a.

Review Datum. 2008-11-28
Kinostart Deutschland. 2009-06-04

In Sachen filmischer Trauerarbeit scheint sich zwischen Japans Hauptinsel Honshu und dem deutschen Süden ein reger Austausch zu entwickeln. Erst schickte Doris Dörrie in KIRSCHBLÜTEN – HANAMI einen Witwer von West nach Ost, um das Sehnsuchtsland seiner verstorbenen Frau zu besuchen. Jetzt lässt Marie Miyayama, gebürtige Japanerin mit Münchner Wahlheimat, eine junge Frau die Reise mit ähnlicher Motivation in umgekehrter Richtung antreten.

Die japanische Germanistikstudentin Aki (Yuki Inomata) hat als kleines Mädchen ihre Eltern und ihren Bruder bei einem Autounfall im Allgäu verloren. Mit 22 Jahren fliegt sie nach Deutschland, um den Unfallort und einen Gedenkstein zu suchen, der sich dort befinden soll. Das erweist sich als schwieriger als gedacht, obwohl sie eine Karte dabei hat, auf der der Ort mit einem roten Punkt markiert ist. Aki quartiert sich bei einer vierköpfigen Familie ein, in der der Haussegen merklich schief hängt, insbesondere zwischen dem griesgrämigen Vater und dem zornigen Sohn. Der tiefere Grund für die gedrückte Stimmung hängt unmittelbar mit Akis Geschichte zusammen.

Obgleich es ein paar Schmunzelmomente gibt, verzichtet DER ROTE PUNKT weitgehend auf Culture-Clash-Komödienklischees und geht sein Thema mit großem Ernst aber ohne melodramatische Zu- und Überspitzungen an. Yuki Inomata spielt Aki zurückhaltend und glaubwürdig, emotional ja, Tränentier nein. So gelingen im Zusammenspiel mit der leisen Inszenierung und der ästhetisch aber unaufdringlich ins Bild gerückten Landschaft immer wieder Momente von stiller Poesie, die ohne Kitsch nahegehen, beispielsweise wenn Aki endlich den Gedenkstein findet und bei ihm die ganze Nacht verbringt, oder wenn sie ebendort ein Picknick feiert, bei dem sie für ihre verstorbene Familie mitgedeckt hat. Genau diese beiden Szenen verdeutlichen aber auch in ihrem weiteren Verlauf, wo die Handlung sich selbst aus den Augen verliert und Irrwege einschlägt. Denn in beiden Szenen gesellen sich plötzlich Mitglieder aus Akis örtlicher Gastfamilie hinzu, als wollten sie sich vor die Kamera drängeln und beschweren: "Hallo! Wir haben auch Probleme!" Diese Probleme interessieren einen aber weniger, zumal sie sich in Vater-Sohn-Mutter-Konflikten ergehen, die im Vorabendfernsehen bereits ein Forum von ausreichendem Umfang finden.

Die Verknüpfung der deutschen und der japanischen Familiengeschichte wirkt darüber hinaus ein wenig konstruiert. Bezeichnend, dass dieser Teil der Geschichte reine Fiktion ist, während Aki und ihre Reise auf einer wahren Begebenheit beruhen. Man hätte dem Film den Mut gewünscht, sich darauf zu konzentrieren. Inomata und Miyayama hätten es schon geschultert, das beweisen sie in vielen intimen Momenten. Den Mut nicht jeden Konflikt restlos aufzulösen und allzu theatralische Konfrontationen zu verweigern hat DER ROTE PUNKT immerhin, und so ist dieses Langfilm-Debüt in jedem Fall eine willkommene erste Wortmeldung einer Regisseurin, die bestimmt noch mehr zu sagen hat und das hoffentlich auch tun wird.











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