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THE RITUAL (Großbritannien 2017)

von André Becker

Original Titel. THE RITUAL
Laufzeit in Minuten. 94

Regie. DAVID BRUCKNER
Drehbuch. JOE BARTON
Musik. BEN LOVETT
Kamera. ANDREW SHULKIND
Schnitt. MARC TOWNS
Darsteller. RAFE SPALL . ARSHER ALI . ROBERT JAMES-COLLIER . SAM TROUGHTON u.a.

Review Datum. 2018-03-27
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Neben Eigenproduktionen setzt der Streaming-Dienst Netflix im Filmkontext zunehmend auch auf Exklusiv-Käufe von Produktionen, die dann im Anschluss mit dem hauseigenen Label versehen den Abonnenten präsentiert werden. So gesehen bei THE CLOVERFIELD PARADOX und eben bei THE RITUAL, dem neuesten Output von Regisseur David Bruckner. Von den eigens produzierten Werken mag man halten was man will (das Star-Vehikel BRIGHT kam bekanntlich nicht überall gut an), Zukäufe wie Bruckners düsteren Horror-Streifen sind aber definitiv eine Bereicherung für alle genre-affinen Netflix-User.

Bruckner hat in der Vergangenheit vor allem mit einigen tollen phantasmagorischen Segmenten in Horror-Anthologien gepunktet. Man denke z.B. an seine Episoden im sträflich unterschätzten THE SIGNAL oder seinen Regie-Abschnitt in SOUTHBOUND. In THE RITUAL wagt er sich in den Spielfilmbereich und liefert hier ebenfalls eine beachtliche Leistung ab. Obwohl der Film im letzten Drittel minimal abbaut, ist das Endergebnis doch sehr, sehr ordentlich geworden.

Die Geschichte rund um vier Freunde, die während einer Wanderung in Schweden diese eine falsche Abkürzung in die Untiefen der Wälder nehmen und fortan mit wahrhaft grausigen Geschehnissen konfrontiert werden, ist zwar nicht wirklich innovativ, überzeugt aber mit gut ausgearbeiteten Charakteren, deren innere Konflikte präzise und vor allem überwiegend glaubhaft skizziert werden. Kurzum: Die Verfilmung des Romans von Adam Nevill ist Genre-Kollegen der jüngeren Vergangenheit einen Schritt voraus und erinnert vom Figuren-Ensemble an den auch thematisch und stimmungstechnisch recht ähnlich aufgebauten THE DESCENT von Neil Marshall. Nur halt mit einem ausschließlich aus Männern bestehenden Freundeskreis. Stärker als bei Marshalls Schocker und eher vergleichbar mit der Atmosphäre in THE BLAIR WITCH PROJECT greift Bruckner das Natur-Thema als ultimative Bedrohung auf. Die schier unendlichen Weiten des Waldes zeigt der Regisseur als abgeschlossene Welt, in der die privilegierten Städter von vornherein nur scheitern können. Insofern erzählt Bruckner erwartungsgemäß ebenso von den Folgen der immer fortschreitenden Verstädterung und ihrer unausweichlichen Begleitumstände.

Mit einem durchaus originellen Ansatz verbindet der Film dabei die Ebenen Stadt und Wald und schlägt diesbezüglich gleichzeitig die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart seines Hauptprotagonisten. Als zentrales Motiv wählt Bruckner die Überwindung schwelender Schuldgefühle, die für die Hauptfigur im Filmverlauf zum maßgeblichen Antrieb werden. Glücklicherweise vermeidet das Drehbuch in diesem Zusammenhang eine umfassende Erlösung für seinen gebeutelten Anti-Helden. Darin unterscheidet sich die britische Produktion deutlich vom, in Hollywood etablierten Wohlfühl-Wahn, der auch das gegenwärtige Genre-Kino fest im Griff hat.

Wenn Bruckner gegen Ende stärker in Richtung Creature-Horror schwenkt verliert THE RITUAL ein wenig von seiner vorab sorgfältig aufgebauten Stimmung, da das Unbekannte sichtbar wird und so das Grauen aus dem Kopfkino des Zuschauers entschwindet. Dies ist jedoch ein verschmerzbarer Wermutstropfen. Im Zusammenspiel mit einer neu eingeführten Story-Line zeigt der Film dann hervorragende Effekte und ein hochspannendes Finale, dass seinen Look zwischen Backwood Movie und Monsterfilm mit unheilvollen Bildern einpendelt.

THE RITUAL bleibt seinem Publikum somit wenig schuldig und hätte einen regulären Kinostart daher mehr als verdient gehabt. David Bruckners stimmungsvoller Horror positioniert sich insofern ganz an der Spitze der Neflix-Only-Filme und verdeutlicht dass der Regisseur weiterhin als einer der größten Hoffnungsträger im derzeit wenig aufregenden Genre-Kino gezählt werden darf.










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