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RED STATE (USA 2011)

von Benjamin Hahn

Original Titel. RED STATE
Laufzeit in Minuten. 90

Regie. KEVIN SMITH
Drehbuch. KEVIN SMITH
Musik. nicht bekannt
Kamera. DAVE KLEIN
Schnitt. KEVIN SMITH
Darsteller. MICHAEL PARKS . JOHN GOODMAN . KEVIN POLLACK . MELISSA LEO u.a.

Review Datum. 2011-09-07
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Holy Shit, was ist nur in Sachen Religionsfilme aus Kevin Smith geworden? Hat der Mann aus New Jersey Ende der 1990er mit DOGMA eine der intelligentesten und lustigsten Religionssatiren gedreht, die trotz ihres Themas herrlich unbeschwert daher kam (man denke nur mal an Alanis Morissette als "Gott"), kommt er nun mit einem Religionsfilm um die Ecke, der wohl eher in die Kategorie "verbittert" passt - einen so düsteren Blick auf christliche Fundamentalisten (und den Umgang der Behörden mit ihnen) hat wohl noch niemand geworfen.

Dabei ist es gar nicht mal so sehr der Blick des Regisseurs selbst, der den Zuschauer mit dem Bild eines grotesk radikalisierten Bibel-Amerikas schockiert, sondern das Wissen um die reale Existenz der im Film porträtierten Gruppe: Kevin Smiths Film-Fundamentalisten sind eine Variation der Westboro Baptist Church, jener fundamentalistischen Gemeinde, die sich seit Jahren mit ihren beleidigenden, aber durch die freie Meinungsäußerung gedeckten Anti-Gay-Demos in den Medien hält. Smith nimmt sich diese reale hate group nun zum Vorbild und überdenkt mit seinem Film den nächstlogischen Schritt: Was passiert, wenn solche Gruppen nicht mehr predigen und demonstrieren, sondern auch mal Taten sprechen lassen? Die Antwort, die sich Smith darauf gibt, ist so folgerichtig, wie grausam: Es kann nur in einem Massaker enden.

Was bereits hier schon extrem düster klingt, ist in Wahrheit noch finsterer: In der Welt dieses Films gibt es nicht einmal mehr "gut" und "böse" - es ist alles nur noch beschissen. Zwar fügt Smith immer wieder skurrile Situationen ein, Atempausen, die als comic-relief-Momente wenigstens dann und wann ein wenig die Stimmung aufhellen, aber bei näherer Betrachtung ist jeder dieser Gags doppelbödig, zuweilen auch zynisch. So wird dann selbst der Humor zur bitterbösen Abrechnung mit den Fundamentalisten und mit dem Staat. Denn Smiths Film ist nicht nur einer, der in einer fast dystopischen Weise über religiöse Spinner nachdenkt, sondern der auch ziemlich offen über den hinsichtlich solch radikaler Gruppen immer zügelloser agierenden Anti-Terror-Staat sinniert.

In den USA hat er dafür viel negative Kritik einstecken müssen - ein Film, der eigentlich jedem ans Bein pisst, ist dort offenbar nicht gern gesehen. Doch selbst wenn man sich am fast comichaft überzeichneten Gewaltexzess stört und den Film dafür schelten mag, dass er sich mitunter ganz genüsslich an Blut und Gewalt delektiert, so verbietet sich eine allzu negative Wertung alleine schon durch die schauspielerischen Leistungen: Michael Parks, den meisten wohl als Texas Ranger Earl McGraw in diversen Filmen von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez bekannt, spielt seinen Prediger mit einer beeindruckenden Intensität. Mit der Art, wie er im religiösen Wahn zwischen liebevoller Vaterfigur und hasserfüllter Hand Gottes changiert, empfiehlt sich der Mann auf seine alten Tage für weitaus Größeres. Auch der übrige Cast, in dem sich unter anderem mit Namen wie John Goodman oder Stephen Root noch ein paar sehr bekannte Gesichter finden, schlägt sich wacker und tut sein Übriges, um diesen Film zu einem enorm eindrucksvollen Religionsthriller zu machen.

Mit RED STATE ist Kevin Smith eine radikale Neuausrichtung gelungen, die ihn weg von den mal mehr, mal weniger gelungenen Komödien der letzten Jahre bringt und uns dafür eine Seite zeigt, die man ihm ehrlich gesagt gar nicht zugetraut hätte - zumindest nicht filmisch. Denn wer Smith bei Twitter folgt, der hat zumindest eine Ahnung davon, wie es in ihm brodelt. Dass sich das Einestages mal auf die Leinwand übertragen würde, schien unausweichlich; dass er das in dieser Konsequenz machen würde, war jedoch nicht abzusehen. Eindrucksvoll und dreckig, faszinierend und so düster, dass man kaum die Hand vor Augen sieht - wer den besten und stärksten Kevin Smith seit fast einem Jahrzehnt sehen will, der ist bei RED STATE genau richtig.











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