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Die RED RIDING-Trilogie besteht aus Hinweisen, die man erst beim zweiten Hinsehen wahrnimmt. Den Hinweis, dass es in den drei Filmen allenfalls am Rande um die Taten des Yorkshire-Ripper selbst geht, erhält man erst am Ende des ersten Films. Sehr viel mehr liegt der Fokus im Aufzeigen der moralischen Verkommenheit, Korruption und Bestechung in der nordenglischen Provinz, in der Polizei und Baumagnaten "machen können, was sie wollen". Eine Tatsache, welche in jedem der drei Filme so oder so ähnlich ausgesprochen wird.
Auch die Frage, ob das letzte Opfer des parallel zum Yorkshire Ripper aktiven Kindesentführers lebend gefunden werden kann – eigentlich ein Spannung versprechendes Element – wird in RED RIDING: 1983 schon nach nicht einmal 10 Filmminuten geklärt. Bleibt wieder die Suche nach dem Verantwortlichen, dem Täter, auf den schon im zweiten Teil Hinweise erfolgten. Ja, er wird gefunden und muss mit dem Leben bezahlen, doch auch das ist nicht das eigentliche Thema des Films. Vielmehr geht es darum, wie sich der korrupte Cop Maurice Jobson (David Morissey) rehabilitieren, die moralisch fragwürdigen Figuren ihre Erlösung oder gerechte Strafe erfahren können. Auffällig oft sind sie gerahmt von gleißend hellem Licht, welches von hinten in die Räume eindringt, in welchen Showdowns stattfinden, folgenschwere Entscheidungen getroffen werden. Doch werden sie ihre Katharsis erfahren können?
Erwartungsgemäß werden dabei alle Handlungsstränge zusammengeführt, Rück- und Vorblenden tauchen auf, auch wenn es zunächst scheint, als würde sich RED RIDING: 1983 endgültig in seiner eigenen Komplexität verfranzen. Neben Maurice Jobson und seiner Suche nach dem Kindsentführer steht der heruntergekommene Anwalt John Piggott (Mark Addy) im Zentrum des Films, welcher die Unschuld des bereits verurteilten, geistig zurückgebliebenen Täters beweisen und das letzte Entführungsopfer finden will. Doch werden diese beiden Handlungsstränge schließlich zusammengeführt.
RED RIDING: 1983 schlägt dabei wieder ruhigere Töne an. Doch gelingt es ihm dabei ungleich der Vorgängerfilme, durch seine Thematik um Sühne und Bewältigung der Missbrauchtraumata, welche analog zur Abgeschlossenheit und Irrelevanz der nordenglischen Provinz betrachtet werden kann, mitzureißen. Wenn das erste Missbrauchsopfer BJ diesen Ort der Marter mit dem Zug verlässt, dann flieht er nicht. Er lässt seine Vergangenheit hinter sich, kann den Schmerz verwinden und beginnt fernab dieser kaputten, verkommenden Gesellschaft ein neues Leben. Endlich dürfen – wenn auch nur kurz – pathetische Streicher zu Zeitlupen erklingen, endlich darf die Emotion den Film erobern, endlich ist der erste Schritt gegen das Böse getan, welches sich von Polizei über Kirche und Wirtschaft wie eine ansteckende Krankheit auf alle Gesellschaftsschichten ausbreitet. Ein guter Abschluss einer ambitionierten, aber leider oftmals nur halbherzig inszenierten Trilogie.
RED RIDING: 1983 ist seit dem 15.04.2010 von Kinowelt als Teil der RED RIDING TRILOGY erhältlich.
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