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Serienmörder sind ein beliebtes Motiv im Spielfilm. Egal ob Horror, Thriller oder Drama, Serienmord findet in nahezu jedem Genre statt. Natürlich auch in jedem Land, im Falle von RED RIDING: 1974, treibt der Killer sein Unwesen im Yorkshire der 1970er Jahre. Er hat eine Vorliebe für kleine Mädchen und näht diesen nach ihrem Tod Schwanenflügel an. Der junge Journalist Edward Dunford (Andrew Garfield), der beim örtlichen Blatt beschäftigt ist, will diesen Morden auf den Grund gehen, auch, weil sie ihn immer mehr faszinieren. Dabei gerät er aber immer tiefer in einen Sumpf aus Verschwörungen, Korruption und Intrigen. RED RIDING: 1974, der bereits vor über einem Jahr in Großbritannien anlief, basiert auf der preisgekrönten Tetralogie aus der Feder David Peaces und wurde auf eine Trilogie hin ausgelegt, die dem Treiben der Serienmorde, die bis in die 80er Jahre hineinreichten, filmisch nachgeht. Neben RED RIDING: 1980 führt RED RIDING: 1983 das Ganze schließlich zu einem Ende. Die Filme sind dabei aber nicht unmittelbar miteinander verbunden, dass man jeden einzelnen von ihnen als Eigenwerk betrachten kann. Und dennoch wird hier deutlich, dass man die Filme wohl im Gesamtkontext sehen sollte, denn RED RIDING: 1974 ist letzten Endes doch etwas inkohärent, was sich vor allem gleich zu Beginn bemerkbar macht, wenn man mitten ins Geschehen geworfen wird.
Ohnehin mutet Julian Jarrolds Film oftmals elliptisch an, was bei solch einer Geschichte natürlich alles andere als von Vorteil ist. Nicht, dass man über das Motiv des Killers alles wissen müsste, aber die Erklärung, die der Film letztlich liefert, wirkt vielmehr wie eine schnelle Ausrede und trägt das gesamte Konstrukt, auf dem der Film basiert, so gut wie gar nicht. Lange Zeit bleibt man im Dunkel, nicht etwa über die Identität des Serienmörders oder das nächste Opfer, sondern darüber, was hier überhaupt von statten geht. Das mag zu einem nicht ganz geringen Teil jedoch auch der Sprache geschuldet sein, die so stark von Dialekten geprägt ist, dass Untertitel fast schon obligatorisch sind. Natürlich bezieht Jarrold daraus eine gewisse Authentizität - auch das 16mm-Material, mit dem gedreht wurde, kann optisch überzeugen und den Film in die 70er transponieren -, aber Nicht-Muttersprachlern seien die Untertitel dennoch dringen geraten, auch, weil die Dialoge eine wichtige Rolle für den Plot spielen. Sowieso ist RED RIDING: 1974 sehr dialoglastig, ständig wird hier parliert, und sei es nur der Hinweis, dass man auf sich aufpassen solle. Das muss man aber nicht zwangsweise, denn der Film ist nur leidlich spannend, was angesichts des Settings doch sehr enttäuschend ist. Und wenn man bei einem Thriller nur auf die nächste Sexszene wartet, dann sagt das eigentlich schon alles über die Dramaturgie des Filmes.
Andrew Garfield versucht dabei sichtlich gegen das maue Drehbuch anzukämpfen, verliert aber trotz seiner großartigen Leistung auf halber Strecke. Sean Bean, dem lediglich eine kleine Rolle zukommt, kann hingegen nicht sehr überzeugen, wirken seine Maske und sein Akzent doch reichlich lächerlich, da viel zu aufgesetzt. RED RIDING: 1974 ist ein gutes Beispiel dafür, wie man ein tolles Setting dennoch verhauen kann, denn es reicht eben nicht sich eine nach der anderen anzustecken und ein Bier nach dem anderen zu sich zu nehmen, um die triste Vorstadtatmosphäre in einen spannenden Thriller einzubinden. Jarrolds Film übernimmt sich dabei viel zu sehr, will gleichzeitig Verschwörungsthriller und Drama mit einem Touch Coming-of-Age sein, nichts davon ist sein Film wirklich. Und dass die Mächtigen dieser Welt - und sei es nur in einer kleinen Stadt - Hand in Hand zusammenarbeiten ist auch nicht gerade etwas Neues oder gar Spannendes. Am ehesten ist RED RIDING: 1974 deshalb ein Plädoyer dafür, für die Wahrheit zu kämpfen, erst recht, wenn man der Profession nachgeht, die auch Edward vorantreibt.
RED RIDING: 1974 ist seit dem 15.04.2010 von Kinowelt als Teil der RED RIDING TRILOGY erhältlich.
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