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RAMPO NOIR (Japan 2005)

von Björn Eichstädt

Original Titel. RANPO JIGOKU
Laufzeit in Minuten. 134

Regie. AKIO JISSOJI . ATSUSHI KANEKO . HISAYASU SATO
Drehbuch. SUGURU TAKEUCHI . AKI SATSUKAWA . SHIRO YUMENO
Musik. OTOMO YOSHIHIDE . SAIKO TSUKAMOTO
Kamera. SUGURU TAKEUCHI . TSUNEARI YAMAKI . AKIKO ASHIZAWA
Schnitt. nicht bekannt
Darsteller. TADANOBU ASANO . HIROKI NARIMIYA . RYUHEI MATSUDA . KAIJI MORIYAMA u.a.

Review Datum. 2006-09-09
Kinostart Deutschland. direct-to-video

Die Wiederbelebung des amerikanischen Horrorfilms erfolgte in den 60er Jahren durch Roger Cormans Verfilmungen der Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe, und auch andere Literaten wie Ambrose Bierce, H.P. Lovecraft oder Bram Stoker, dessen Horrorstories immer etwas hinter seinem Hauptwerk Dracula zurückstanden, prägten den westlichen Gruselfilm von Anbeginn bis heute. In Japan übernahm der 1894 geborene Edogawa Rampo die Rolle Poes; seine Geschichten, die er seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts veröffentlichte, inspirierten zahllose Verfilmungen, etwa den 1968 gedrehten BLACK LIZARD von Kinji Fukasaku, der später als Regisseur von BATTLE ROYALE Weltruhm erlangte. Und so wie die Regisseure unseres Kulturkreises immer wieder auf Poe zurückgriffen - ein Beispiel ist TWO EVIL EYES von Dario Argento und George A. Romero - , sind auch die Japaner weiterhin von Rampo fasziniert. Das zeigt der aktuelle Episodenfilm RAMPO NOIR auf eindrucksvolle Art und Weise.

Vier Regisseure - vier Geschichten: Das ist der Ansatz von RAMPO NOIR, der nebst zwei etablierten auch zwei Neulingsblickwinkel auf das Werk von Rampo gewähren lässt. Dabei wird vor allem eines klar: Rampos Werk ist direkt im Zentrum des kollektiven Bewusstseins der japanischen Horrorszene verankert. Denn die Kurzfilme behandeln die Geschichten eher mit visuell und musikalisch überbordenden Remix-Ansätzen - eine annähernde Eins-zu-eins-Umsetzung ist keine der Episoden. Das Experiment kehrt in den J-Horror zurück, dafür stehen sicher auch Aspekte wie die Einbindung der brummenden, summenden, pfeifenden und atmenden Filmmusik des Experimentalmusikers Otomo Yoshihide in die Episode Catterpillar von Hisayasu Sato oder optisch und digital verfremdete Welten bei Atsushi Kanekos Crawling Bugs.

Neuinterpretation und Verfremdung prägen RAMPO NOIR, und diese Stärke ist gleichzeitig eine Schwierigkeit des Films, vor allem für westliche Rezipienten. Denn wo man einer experimentellen Interpretation von Poes House of Usher sicherlich noch folgen könnte, ist bei den durch den Mixwolf gedrehten Rampo-Stories oft Ratlosigkeit angesagt. Das Verfolgen des Plots gerät immer wieder zum Rätselraten. Doch hier schafft die Literatur Abhilfe: Als Vorbereitung kann die bisher einzige deutsche Rampo-Veröffentlichung Spiegelhölle dienen, die mit Die Raupe und Spiegelhölle immerhin zwei der vier Geschichten enthält, ansonsten muss der Vorabinformierte auf englischsprachige Übersetzungen zurückgreifen. Wer sich diese Mühe macht, wird RAMPO NOIR aber mit Sicherheit eher genießen können, als ein Rampo-Neuling.

Nach den genannten Anfangsschwierigkeiten entfalten sich vor allem die Episoden von Hisayasu Sato und Atsushi Kaneko zu kleinen Meisterwerken. Die Bildsprache ist beeindruckend, düster und gleichzeitig farbenfroh. Kanekos Crawling Bugs erinnert mehr als einmal an Wong Kar Wais 2046 und David Lynchs MULHOLLAND DRIVE, während Sato seine eigene, leider häufig durch kleine Budgets limitierte Bildsprache aus Filmen wie NAKED BLOOD zur Perfektion treibt. Den Spaß aller Beteiligten sieht man dem Endergebnis deutlich an. So ist RAMPO NOIR ein Film, der für das japanische Horrorkino neue Wege aufzeigt, auch dann, wenn der Zuschauer in unseren Gefielden erstmal einen großen Berg neuen Wissens zu erklimmen hat. Für Liebhaber von Poe, Lovecraft und Konsorten sollte das allerdings eher Freude als Qual sein.











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