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THE RAID 2 (Indonesien 2014)

von André Becker

Original Titel. THE RAID 2 - BERANDAL
Laufzeit in Minuten. 150

Regie. GARETH EVANS
Drehbuch. GARETH EVANS
Musik. ARIA PRAYOGI . JOSEPH TRAPANESE . FAJAR YUSKEMAL
Kamera. MATT FLANNERY . DIMAS IMAM . SUBHONO
Schnitt. GARETH EVANS
Darsteller. IKO UWAIS . ARIFIN PUTRA . ALEX ABBAD. JULIE ESTELLE u.a.

Review Datum. 2014-07-24
Kinostart Deutschland. 2014-07-24

Die fast schon meditative Ruhe der ersten Einstellungen täuscht. Erbitterte Machtkämpfe toben in der indonesischen Unterwelt. Ein Menschenleben ist nicht mehr viel wert. Kaltblütig wird ein Verräter hingerichtet. Szenenwechsel: Der Cop Rama (Iko Uwais) ist einer der wenigen Überlebenden eines Massakers in einem Wohnblock und läuft Gefahr auf die Abschlussliste der hiesigen Gangstersyndikate zu geraten. Gänzlich ausweglos ist seine Lage jedoch nicht. Als verdeckter Ermittler soll Rama im Gefängnis das Vertrauen von Uco (Arifin Putra), Heißsporn und Sohn des berüchtigten Paten Bangun (Tio Pakusodewo), gewinnen um dadurch Zutritt in die geheimen Kreise der ortsansässigen Verbrecherkartelle zu erhalten und die Organisation von innen heraus zu zerstören.

Rama gelingt es schließlich sich mit dem anfangs noch sehr zurückhaltend agierenden Uco anzufreunden und rettet ihm bei einer Gefängnisrevolte gar das Leben. Der Einfluss seines neu gewonnenen Freundes ist allumfassend und so wird Rama früher als erwartet entlassen und in das Syndikat von Ucos Vater aufgenommen. Seine Mission gestaltet sich allerdings weitaus schwieriger als erwartet, denn neben Banguns Gang tummelt sich noch eine japanische Untergrundorganisation in Jakarta, die ganz eigene perfide Pläne verfolgt. Darüber hinaus kollaboriert Uco im Geheimen mit dem zwielichtigen Bejo (Alex Abbad), was letztlich dazu führt, dass die Straßen der indonesischen Hauptstadt mit Leichen gepflastert werden. Auch für Rama wird die Situation brenzliger, da seine Tarnung zusehends Risse bekommt und er immer stärker in die blutige Fehde der konkurrierenden Gangs hineingezogen wird.

"Sensation, Eskalation, Irrsinn!". Das deutsche Kinoplakat liegt hier mit diesem Zitat ausnahmsweise mal richtig. Die Fortsetzung des Überraschungshits von Gareth Evans ist tatsächlich ziemlich überwältigend. Die zahlreichen Actionszenen sind erneut atemberaubend und bis ins kleinste Detail formvollendet choreographiert. Während sich die Action im Vorgänger auf eine Location beschränkte schöpft der Regisseur im zweiten Teil aus dem Vollen. Gekämpft wird in Nachtclubs, Gefängnis-Toiletten, Lagerhallen, Restaurants, oder in einer besonders eindrucksvollen Szene in einem fahrenden Automobil. Dazwischen versucht sich THE RAID 2 an einer episch angelegten Geschichte in Jakartas Gang-Milieu, was leider nur streckenweise gelingt.

Die zugrunde liegende Story ist zwar ambitioniert angelegt, scheitert aber am eigenen Anspruch. Evans will komplexes, doppelbödiges Thriller-Kino erzählen, verliert dabei allerdings mehrfach den roten Faden und verzettelt sich in Nebensächlichkeiten, die für den Fortgang der Handlung nur bedingt von Relevanz sind. Darüber hinaus mangelt es dem Skript inhaltlich schlicht an Originalität. Die allseits bekannten Grundmotive aus dem Genre-Baukasten werden pflichtschuldig, aber gänzlich ohne eigene Note abgearbeitet. Weiterhin muss man dem Drehbuch vorwerfen, dass sämtliche Figuren eher flach charakterisiert sind und selten aus ihren stereotypen Verhaltensmustern ausbrechen. Viele Rollen hätten zweifelsohne das Potential für tiefergehende Charakterzeichnungen gehabt. Evans bleibt jedoch stets an der Oberfläche kleben und versäumt es die durchaus vorhandenen Ambivalenzen seiner Hauptprotagonisten angemessen aufzunehmen.

Dennoch ist der Film auch abseits der Kämpfe alles in allem noch sehr solide inszeniert. Hinsichtlich Storytelling ist die Fortsetzung, im direkten Vergleich zum ersten Teil, auf jeden Fall eine deutliche Steigerung. Während THE RAID 2 nach einem fulminanten Beginn im Mittelteil einige Hänger hat und mitunter recht ziellos voranschreitet, bekommt Evans den Film im letzten Drittel wesentlich besser in den Griff. Ein definitives Highlight ist in diesem Zusammenhang die Einführung der Killer-Truppe, der sich Rama im Finale stellen muss. Besonders hervorzuheben ist diesbezüglich eine engelshafte junge Frau (Julie Estelle), die zwei Hämmer als Mordwerkzeuge einsetzt und in einer U-Bahn ihre Gegner gleich reihenweise liquidiert. Die dazugehörige Sequenz ist in ihrer inszenatorischen Perfektion und Härte kaum zu toppen und lässt die Vorfreude auf den Showdown ins Unermessliche steigen.

Die finalen Kampfeinlagen schaffen es erfreulicherweise alle Erwartungen noch einmal zu übertreffen. THE RAID 2 zeigt eine unglaubliche Fülle von knochenbrechenden Stunteinlagen und beinharten Fights, die noch einen Tick spektakulärer als im ersten Teil ausfallen. Kritisch anzumerken ist wie genüsslich der Film seine expliziten Gewaltdarstellungen zelebriert. Insbesondere im enorm brachialen Schlussfight übertreibt es das Sequel eindeutig und konzentriert sich zu sehr auf exzessives Blutvergießen in überdeutlichen Nahaufnahmen.

THE RAID 2 ist eine gelungene Fortsetzung, die ihre Schwächen gut kaschieren kann und trotz Überlänge keinen Leerlauf produziert. Im Vergleich zum ersten Teil ist der Film in vielen Punkten eine deutliche Steigerung. Evans erzählt eine packende, wenn auch nicht immer stringent aufgebaute Story, die einen adäquaten Rahmen für die zahlreichen Martial arts-Sequenzen bereitstellt und der Alibihandlung des Vorgängers qualitativ gesehen weit überlegen ist. Die Action ist abermals großartig inszeniert und steht in diesem Jahr gewiss außer Konkurrenz. Gareth Evans ist sicherlich nicht der "beste Action-Film aller Zeiten" (noch so ein Werbeslogan hierzulande) geglückt, ein unglaublich rasantes, knüppelhartes und adrenalingetränktes Stück Genre-Kino ist seine dritte große Regiearbeit aber allemal.











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