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"Ohhh, Herzog macht's jetzt mit den großen Stars!" So böllert einem die berichterstattende Zunft von der Berlinale entgegen, als hätte das vorzeigedeutsche Enfant Terrible in den letzten Jahren nicht auch schon mit Nicolas Cage und Christian Bale gedreht. Aber Werner Herzog firmiert ja hierzulande, ganz im Gegensatz zu seinem erquicklichen Rockstar-Status in den USA, schon lange unter "ferner liefen"; in Deutschland ist er immer noch "der mit Kinski", oder, wenn überhaupt, der Regisseur von FITZCARRALDO. Um so betrüblicher ist es, daß sein starbesetztes Wüstenepos QUEEN OF THE DESERT daran kaum etwas ändern wird.
Die titelgebende "Königin der Wüste", das ist die britische Forschungreisende Gertrude Bell, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich an der Verständigung des Westens mit dem Nahen Osten beteiligt war. Eine Art weiblicher Lawrence von Arabien also, die mit ihrem Scharfsinn und ihren endlosen Talenten die weitestgehend militanten Briten alt aussehen ließ und - als Frau! - das Vertrauen von Königin und Scheichs gewann. Nicole Kidman spielt diese historische Figur mit professioneller Distanz; auf diese Schauspielerin ist einfach Verlaß, auch wenn man zu Anfang schon beide Augen zudrücken muß, um der Mittvierzigerin den Backfisch aus gutem Hause abzunehmen.
Erstaunlicherweise interessiert sich der Film zunächst über lange Strecken überhaupt nicht für das sandige Epos, das man erwarten könnte; viel wichtiger ist Herzog die anrührend zarte Annäherung zwischen Gertrude und Henry Cardogan, seines Zeichens zutiefst romantischer Mitarbeiter der britischen Botschaft in Teheran. Es dauert lange bis zum ersten Kuss in der Wüste, auf der Flucht vor einem fiesen Geier, der sich beim genüßlichen Herumpicken in blutigem Aas gestört fühlt. Ein symbolischer Todesbote womöglich und einer der wenigen bildlichen Irritationen, wie man sich von einem eigensinnigen Filmemacher wie Werner Herzog doch erwarten könnte.
Aber die QUEEN OF THE DESERT bleibt nach dem (geschichtsklitternd maximal tragisch verfälschten) Ende der großen Liebe vorwiegend fad: Kein Schweiß, kein Sand, nur cleane und matte Digitalbilder, bei denen man sich mitunter an die Reenactments von sonntäglichen ZDF-Geschichtssendungen erinnert fühlt. Auch dramaturgisch läuft der Film ins Leere; Gertrude reist zu diesem Emir oder jenem Scheich und triumphiert ein jedes Mal durch Sensibilität oder Stärke. Da teilen sich sogar die bis an die Zähne bewaffneten Turbanträger wie das Rote Meer und machen den Weg frei für die Königin der Wüste! Begleitet wird diese gepflegte Langeweile von einem grausigen Dauerbeschallung von Komponist Klaus Badelt, der neben den üblichen Ethno-Klischees einmal zu allem Überfluß - Kamikaze! - das Titelthema von LAWRENCE OF ARABIA zitiert.
Interessanter als die an sich doch so eindrucksvolle Frau, die hier im Mittelpunkt steht, sind leider mal wieder die Männer, denen sie begegnet: Der gewohnt schläfrige James Franco versucht sich hier mit mühsam aufgerissenen Augen oder debilem Dauergrinsen wach zu halten, wirkt als verliebt-schwermütiger Cardogan aber doch irgendwie herzig; Robert Pattinson ist als Lawrence von Arabien ganz verlegen, bringt aber Leben in den Sandkasten; und als der der strammen Forscherin verfallene Konsul glänzt Damian Lewis mit der einzigen wirklich "echten" Darstellung dieses Films. Was man über diese Konflikte des Herzens hinaus überhaupt nicht erfährt, ist das Wie und Warum und das Drumherum; in welcher Welt das alles passiert ist und warum Bells Reisen so signifikant für die Weltgeschichte waren. Als Motivation werden ihr hier nur Schicksalsschläge angedichtet, die es so in realiter gar nicht gegeben hat. Das emotionale Ziel wird verfehlt; das Geömmel durch die endlose Wüste ist einem leider herzlich egal.
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