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PARASYTE (Japan 2014)

von André Becker

Original Titel. KISEIJÛ
Laufzeit in Minuten. 109

Regie. TAKASHI YAMAZAKI
Drehbuch. TAKASHI YAMAZAKI . RYOTA KOSAWA
Musik. NAOKI SATO
Kamera. SHOICHI ATO
Schnitt. JUNNOSUKE HOGAKI
Darsteller. SHOTA SOMETANI . ERI FUKATSU . MIKO YOKI . AI HASHIMOTO u.a.

Review Datum. 2016-09-03
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

PARASYTE ist der erste Teil der Realverfilmung, der in Japan äußerst erfolgreichen Manga-Reihe von Hitoshi Iwaaki. Der Mix aus Body-Horror, Komödie und Coming-of-Age-Drama klingt auf dem Papier zwar reichlich chaotisch, erweist sich aber schnell als ausgesprochen gut funktionierende und mit Verve inszenierte Unterhaltung der besonders fetzigen Art.

Die Handlung schielt in Richtung der großen Horrorfilm-Klassiker zum Thema Alieninvasion (zu nennen sind hier insbesondere das frühe B-Movie INVASION VOM MARS sowie Don Siegels Meilenstein DIE DÄMONISCHEN). Auch in PARASYTE bekommt die Mehrheit der Bevölkerung zunächst wenig davon mit, dass eine fremdartige, nichtmenschliche Rasse plant die Menschheit zu unterjochen. Gleich mehrere Alien-Wesen haben sich dafür in einem ersten Schritt verschiedener Menschenkörper bemächtigt, die sie parasitenähnlich befallen haben und deren Bewusstsein sie fortan komplett beherrschen. Auf den ersten Blick bleiben die jeweiligen Personen äußerlich unverändert, ihr Denken und Handeln wird jedoch zu hundert Prozent von dem entsprechenden Parasiten bestimmt. Der Körper des Teenagers Shininchi Izumi (Shota Sometani) ist ebenfalls als eine Hülle für die Invasoren vorgesehen, zeigt allerdings nachdem der Parasit eingedrungen ist unerwartete Gegenreaktionen, was dazu führt das der Prozess der Körperübernahme unvollendet bleibt und lediglich die Hand von Shininchi ein Eigenleben entwickelt. Als der erste Schock verdaut ist versucht der Teenager sein Schicksal zu akzeptieren und mit seinem munter drauflos plappernden neuen Körperteil zurecht zu kommen. Dies ist freilich leichter gesagt als getan, denn nach und nach wird Shininchi bewusst das er und seine Hand unweigerlich ins Visier der anderen Parasiten geraten sind, die ihnen alles andere als wohlgesonnen gegenüberstehen.

Regisseur/Autor Takashi Yamazaki schafft es mit Bravour die jeweils unterschiedlichen Genre-Elemente miteinander in Einklang zu bringen. Während die zackigen Dialoge zwischen dem auf den Namen Migi hörenden Parasit und seinem, mitten im Hormonchaos der Adoleszenz steckenden, Wirtskörper vor allem augenzwinkernd-humorvoll angelegt sind und einzelne Szenen in überdrehte Komik münden, wird die tendenziell eher lockere Grundstimmung durch mehrere wüste Splatter-Effekte konterkariert. Hinzu kommt das PARASYTE immer wieder nachdenkliche Töne anschlägt und seine unglückselige Heldenfigur als einen vom Schicksal gebeutelten Teenager zeigt, der seinen Platz in der Welt sucht und (nicht nur) angesichts seiner neuen Situation deutlich ins Schlingern gerät. Die Darstellung der Nöte und altersspezifischen Ängste schlittert hier glücklicherweise nie in die Klischeefalle, sondern erfüllt als integraler Bestandteil der Rahmenhandlung stets ihren Zweck.

Obwohl der Film somit fast im Minutentakt seine Tonalität ändert, wirkt das Endprodukt keinesfalls wie ein unausgegorener Genre-Eintopf. Die Vielfalt der eingebauten Motive und der Wechsel der Stimmungen bleibt in einem der Dramaturgie förderlichem Gleichgewicht und verschafft der Produktion eine ganz eigene individuelle Atmosphäre. Neben der hervorragenden Effekt-Arbeit und den wenigen, aber ansprechend temporeich inszenierten Actionintermezzi punktet der Film mit einem sehr überzeugend agierenden Hauptdarsteller, der mit seiner zurückhaltenden Performance der sympathischen Hauptfigur Leben einhaucht. Auch die Nebendarsteller wissen zu gefallen, wenngleich speziell bei den Antagonisten teilweise leichte Tendenzen hin zum Overacting bemerkbar sind.

Was man vom Skript nicht erwarten sollte sind innovative, psychologisch ausgefeilte Impulse im Kontext der Auseinandersetzung mit der Thematik der Körper-Transformation. Nein, in die existentialistischen Sphären eines Cronenberg-Films dringt Regisseur Yamazaki nicht vor. Dies ist allerdings nicht weiter tragisch, sorgt die leichtfüßige Inszenierung doch für ein erfrischend kurzweiliges Filmerlebnis. Im Gewand eines Hollywood-Blockbusters wäre der Film wohl ein stromlinienförmig erzählter Stoff für die Zielgruppe der Young-Adult-LeserInnen geworden. Glücklicherweise hat sich die Traumfabrik die Rechte aber noch nicht unter den Nagel gerissen. Der mit japanischen Geldern umgesetzte PARASYTE ist tatsächlich ein echter Glücksfall, der beweist dass eine Manga-Realverfilmung in den richtigen Händen sehr wohl gelingen und seinem Publikum dabei eine Menge Freude bereiten kann. Ein durchweg amüsanter, aber auch erstaunlich berührender Genre-Hybrid, der bombastisch unterhaltsames, mitunter hinreißend schräges Japan-Kino bietet und der es versteht seine Zuschauer jederzeit zu fesseln und für die Geschichte zu begeistern. Der zweite Teil darf somit gerne kommen.

PARASYTE ist ab dem 28.10.2016 von Kazé auf DVD und Blu-ray erhältlich.











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