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NO TRESPASSING (Frankreich 2011)

von Florian Lieb

Original Titel. PROPRIÉTÉ INTERDITE
Laufzeit in Minuten. 80

Regie. HÉLÈNE ANGEL
Drehbuch. HÉLÈNE ANGEL . JEAN-CLAUDE JANER . MARIE GARREL WEISS
Musik. PHILIPPE MILLER
Kamera. GORDON SPOONER
Schnitt. YANN DEDET
Darsteller. VALÉRIE BONETON . CHARLES BERLING . VASIL VIVITZ GRECU . GUILAINE LONDEZ u.a.

Review Datum. 2011-11-30
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Es heißt, viele Köche verderben den Brei. Und auch, dass Quantität nicht Qualität entspricht. Ein schönes Beispiel hierfür ist Hélène Angels jüngster Film NO TRESPASSING, der im Sommer auf dem Fantasy Filmfest lief. Der Film verfügt über einige sehr schöne Einstellungen, sowie Handlungs- und Charakterelemente. Nur fehlt Angel eine Geschichte, die sie damit erzählen könnte. Unzählige kleine Handlungsfetzen werden eingestreut, die zum einen nicht konsequent weitergesponnen werden und die zum anderen für die eigentliche Geschichte auch vollkommen unerheblich sind. Kulminierend in einem Twist, der zwar vorhersehbar war, aber deswegen noch lange nicht nachvollziehbar ist. Aber fangen wir von vorne an.

Ein verlassenes Landhaus im Süden Frankreichs. Blut auf dem Boden und an einem Lock in der Decke verheißt nichts Gutes. Vor zwei Wochen beging Michel an dieser Stelle Selbstmord. Nun kommen seine Schwester Claire (Valérie Boneton) und ihr Ehemann Benoît (Charles Berling), um das Haus zu veräußern. Der Tod des Bruders scheint Claire nahe zu gehen. Sie schreibt ihm SMS und hinterlässt ihm Nachrichten auf der Mailbox. Wo er sei? Wann er wiederkomme? Ihren Kummer stillt sie, indem sie so lange Essen in sich hineinstopft, bis sie erbricht. Glaubt man einer losen Bemerkung ihres Gatten, handelt es sich um ein bekanntes Problem bei ihr. Benoît wiederum will das Haus schnell Gewinnbringend veräußern, denn angeblich ist seine Firma pleite.

Tagsüber fährt er in die Schweiz, um seine Geschäfte zu regeln, während Claire einen vermeintlich wichtigen Karton ihres Bruders versteckt und den Zutritt zu dem alten Kinderzimmer meidet. Nachts hört sie Geräusche, das Licht wird an und aus geschaltet. Claire fühlt sich bestärkt, dass Michel zurückgekehrt ist. Benoît hingegen findet ein Loch in der Abstellkammer. Einen Tunnel, der in den Garten führt. Tiere schleichen sich wohl ins Haus oder doch Fremde? Irgendwann taucht ein allem Anschein nach Zigeunerjunge (Vasil Vivitz Grecu) auf. Er will Essen und Geld von Claire stehlen, sie wiederum wünscht sich, dass er in Michels und ihr altes Kinderzimmer einzieht. Als Benoît von einer Geschäftsreise nach Hause kommt, muss Claire ihren neuen Gast zügig verstecken.

Damit wäre in etwa umrissen, was sich alles in NO TRESPASSING abspielt. Kummer um Brudertod, Fresssucht, Firmenbankrott, Nachtgeräusche, mysteriöse Tunnel, etc. Wirklich wichtig für die Geschichte des Films ist nur das Wenigste davon. Denkt man, der Karton von Michel könnte eine Bedeutung haben, wird man eines Besseren belehrt. Die Fresssucht von Claire? Unerheblich. Benoîts Firmenpleite? Dasselbe. Denn unabhängig davon, ob er das Geld braucht, wäre der Antrieb der Figur derselbe. Wer will schon das Haus behalten, in dem sich der Schwager erschossen hat? Ob es sich dabei wirklich um Suizid gehandelt hat, kann man in den Raum werfen. Mehr aber auch nicht. Denn es wird wie eigentlich alles lediglich angeschnitten und nicht weiter verfolgt.

Das ist nicht so sehr ärgerlich wie es einen einfach verwirrt zurücklässt, da man sich fragt, warum man sich Informationen merken muss, die unwichtig sind. Da Angels Film jedoch relativ kurz geraten ist, kann er sich alsbald in sein vorhersehbares Finale retten. Dass dem Twist jegliche glaubwürdige Basis fehlt, überrascht zu diesem Zeitpunkt nicht. Fehlende Zeit, um genügend Motivation für den Twist aufzubauen, ist bei rund 70 Minuten reiner Spielzeit und der Tatsache, dass viel davon für unnütze Informationen verschwendet wurde, keine Ausrede. Vielmehr erscheint es, dass die Regisseurin selbst nicht wusste, was sie dem Publikum da nun eigentlich erzählen will. Was für eine filmschaffende Person an sich ein trauriges Armutszeugnis ist.

Wie angesprochen, sind manche Einstellungen aber durchaus gelungen, allen voran die Schlussszenen. Berling spielt seine Rolle des einerseits liebenden, andererseits frustrierten Ehemanns überzeugend, während Boneton darunter leidet, dass ihre Figur selbst von der Regisseurin nicht verstanden wurde. Wer sich die Figur erschließen will, muss am Ende spekulieren (der Abspann soll hier wohl unterstützend wirken). Eine etwas zielstrebigere Narration wäre für NO TRESPASSING dennoch wünschenswert gewesen. Denn wie Billy Wilder sagte, für einen guten Film braucht man drei Dinge: Ein gutes Drehbuch, ein gutes Drehbuch und ein gutes Drehbuch. Wenn Angel lernt, dass viele kleine Handlungen keine stimmige große Handlung ergeben, ist sie auf einem guten Weg.











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