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LIBERACE - ZUVIEL DES GUTEN IST WUNDERVOLL (USA 2013)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. BEHIND THE CANDELABRA
Laufzeit in Minuten. 118

Regie. STEVEN SODERBERGH
Drehbuch. RICHARD LAGRAVENESE
Musik. MARVIN HAMLISCH
Kamera. STEVEN SODERBERGH
Schnitt. STEVEN SODERBERGH
Darsteller. MICHAEL DOUGLAS . MATT DAMON . DAN AYKROYD . ROB LOWE u.a.

Review Datum. 2013-10-11
Kinostart Deutschland. 2013-10-03

Steven Soderbergh, das dürften mittlerweile die meisten mitbekommen haben, möchte keine Filme fürs Kino mehr drehen. Das ist bedauerlich - gerade, wenn seine vorerst letzte Arbeit als Regisseur so gut ist wie LIBERACE - ZUVIEL DES GUTEN IST WUNDERVOLL.

Der für HBO produzierte, in Deutschland aber überraschenderweise im Kino verwertete Film ist, wie der deutsche Titel (im Original: BEHIND THE CANDELABRA) schon sagt, ein Biopic über den Starpianisten Liberace (Michael Douglas). Im Zentrum der Handlung steht Liberaces Beziehung zu dem wesentlich jüngeren Scott Thorson (Matt Damon). Wenn der Fokus auf die relativ kurze Zeitspanne in Liberaces Leben (der Film beginnt 1977 und endet mit Liberaces Tod 1987) ein Versuch Soderberghs ist, die für Biopics übliche Vorhersehbarkeit und Formelhaftigkeit zu umgehen, muss man diesen Versuch als gescheitert betrachten: Überraschend ist an LIBERACE, zumindest auf der Handlungsebene, wirklich nichts und auch die Themen, die der Film behandelt, sind nicht neu (It's lonely at the top.).

Dennoch sticht LIBERACE auf angenehme Weise aus dem Genre-Einheitsbrei heraus. Das liegt an Soderberghs Inszenierung, an den Performances der beiden Hauptdarsteller, aber auch einfach daran, dass Liberace eine faszinierende Figur war und Soderbergh und Drehbuchautor Richard LaGravanese seine Ambivalenzen verstanden und angemessen auf die Leinwand transportiert haben.

Liberace betont immer wieder, wie wichtig es ist, stets man selbst zu sein (und setzt diese Philosophie in seinen extravaganten Bühnenshows und seiner überlebensgroßen Persona auch um) - doch bis an sein Lebensende streitet er seine Homosexualität ab. Er will Scott adoptieren und finanziert ihm Schönheitsoperationen, die ihn mehr und mehr wie Liberaces tatsächlichen Sohn aussehen lassen - sieht allerdings keinen Widerspruch darin, gleichzeitig weiterhin eine sexuelle Beziehung mit Scott zu führen. Und auch Scotts tatsächliche Motive sind nie ganz eindeutig - seine Liebe zu Liberace scheint abwechselnd aus Fanboy-Verehrung, Mitleid, dem Streben nach Reichtum und Glamour und gelegentlich auch tatsächlicher Zuneigung zu entspringen.

Soderbergh inszeniert das ganze in seiner üblichen matter-of-fact-Weise, immer ein Bisschen distanziert, immer bedacht, sich nie auf eine Seite zu schlagen. In der Vergangenheit führte das gelegentlich zu einer gewissen Kälte bei seinen Filmen, hier jedoch funktioniert es, was vor allem wohl den einnehmenden Performances von Douglas und Damon zu verdanken ist. Douglas hat sichtlich Spaß daran, eine Rolle zu spielen, in der over-acting im Grunde unmöglich ist, überzeugt aber auch in den raren Momenten, in denen Liberace tatsächlich menschlich und verwundbar wirkt - und, besonders gegen Ende, in denen, in denen er kalt und berechnend ist. Damons Aufgabe ist fast noch schwerer, spielt er doch eine Figur, deren Alter im Film zwar konkret nicht genannt wird, die aber, bedenkt man sowohl das Alter des realen Vorbilds als auch Scotts Lebenssituation im Film, zu Beginn offensichtlich noch ein Teenager ist. Den 42jährigen Damon in dieser Rolle zu casten, ist mindestens gewagt und so ganz vergessen mag man den Altersunterschied nie, doch Damon tut sein Bestes, die anfängliche Naivität und Unschuld seiner Figur zu transportieren und überzeugt vor allem im Zusammenspiel mit Douglas.

Nach einer recht beschwingten ersten Hälfte verliert LIBERACE dann in der zweiten Stunde, wenn die Beziehung zwischen Scott und Liberace langsam zerbricht, etwas an Fahrt, auch, weil Scotts Entwicklung (Drogenprobleme etc.) eben doch sehr klischeebeladen ist. Hier wird Soderberghs distanzierte Inszenierung dann allerdings zum Vorteil, denn nie werden die Beziehungs- und Drogenprobleme überdramatisiert und auch seinen Humor verliert der Film nie so ganz. Bei aller Vorhersehbarkeit und allen Problemen, die das Genre Biopic einfach mit sich bringt, bleibt LIBERACE - ZUVIEL DES GUTEN IST WUNDERVOLL daher unterm Strich ein äußerst unterhaltsamer, smarter Film, der seine Hauptfiguren besser versteht und interessanter macht, als es die meisten Genrevertreter schaffen - ein würdiger (vorläufiger) Abschied also für Steven Soderbergh.











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