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KRABAT (Deutschland 2008)

von Martin Eberle

Original Titel. KRABAT
Laufzeit in Minuten. 120

Regie. MARCO KREUZPAINTNER
Drehbuch. MICHAEL GUTMANN . MARCO KREUZPAINTNER
Musik. ANNETTE FOCKS
Kamera. DANIEL GOTTSCHALK
Schnitt. HANNSJÖRG WEISSBRICH
Darsteller. DAVID KROSS . DANIEL BRÜHL . CHRISTIAN REDLER . ROBERT STADLOBER u.a.

Review Datum. 2008-09-22
Kinostart Deutschland. 2008-10-09

Mit der Literaturverfilmung von Otfried Preußlers gleichnamigem Roman hat sich Marcus Kreuzpaintner in die Liste der großen deutschen Regisseure eingetragen. Sein Krabat erinnert in der Bildsprache an die Anfänge des Kinos mit Filmen wie DER MÜDE TOD oder an andere Werke eines Fritz Lang. Hier wurde sehr behutsam und zurückhaltend ein Meisterwerk geschaffen, das bisweilen die düsteren Züge von Nosferatus Grauen in sich trägt. Dabei trägt der Film die Symbolkraft jüngerer Meilensteine des Fantasy-Genres in sich, ohne deren bisweilen nervösen Affektiertheit folgen zu müssen. (Filmbewertungsstelle Wiesbaden)

Bittere Ironie? Beißender Sarkasmus? Drogenexzesse bei der Sichtung? Denn das Fazit der Filmbewertungsstelle ist schiere Fantasterei. Also sind diese Zeilen vielleicht der Versuch, den Standort Deutschland als Filmproduktionsland zu rechtfertigen? Immerhin wurde der 8 Mio. € Flop KRABAT von fast einem Dutzend Filmförderungsanstalten möglich gemacht. Und was wurde draus? Ein kruscher Sonntagnachmittagsfilm, der sich rudimentär an Momenten aus dem Buch bedient, in keinem Moment aber dessen lakonische, erdige Qualität erreicht.

Krabat, ein 14-jähriges Waisenkind, versucht, sich in den Nachwehen des 30-jährigen Krieges in der Gegend um Hoyerswerda durchzuschlagen. In einer Mühle wird er als Geselle aufgenommen und wird unter dem strengen Regime des Müllermeisters in schwarzer Magie unterrichtet. Freundschaften und Intrigen unter den Mitgesellen, die Sehnsucht nach Befreiung bei gleichzeitigem Fatalismus, das sind die Stärken der Romanvorlage. Und das sind die Schwächen des Films. Denn die Zurückhaltung, die realistische Beschreibung einer mystischen Welt sind schlicht eliminiert. Stattdessen versucht sich eine Riege ambitionierter Animationsfrickler an einem HARRY POTTER-Klon. Golden glühende Schriftzüge hier, leidlich spektakulär wirkende Verwandlungen da, das sind Stilelemente, die bei einer Bibi Blocksberk-Verfilmung gut passen würden. Den anrührend nüchternen KRABAT kastriert dieser Budenzauber allerdings zu einem unbedeutenden Hokus Pokus.

Werbefilmer Kreuzpaintner kriegt den Stoff einfach nicht in den Griff. Seine Inszenierung leidet unter dem Zwang, einem Big Picture-verwöhntem Publikum gefallen zu wollen, inklusive Effektgewitter. Die Geschichte entgleitet ihm dabei total. Und auch die einzelne Szene kriegt er nicht hin, vor allem wenn es um Action geht. Nicht nur, dass der Kampf der Müllergesellen gegen plötzlich auftauchende Soldaten unmotiviert in die Story rumpelt, er ist auch räudig gefilmt. Der Rettungsversuch der Postpro-Frickler ist dann leider auch gescheitert. Zappeliges rein- und rauszoomen, hektischer Schnitt, hier kommt nur der Epileptiker zu einem Höhepunkt. Dazu auch noch ein Soundtrack, der aus dem Orchesterkeller des Hans Zimmer kommen könnte: der Blick für's Wesentliche ist beim Schielen nach Hollywood verloren gegangen.

Es scheint sogar, dass beim ambitionierten Effekte layoutieren einige Details der Geschichte vergessen wurden, die dann flugs beim Dreh improvisiert werden mussten. So wird dem Milchbubi David Kross (ein recht farbloser Krabat) mitten im Film ein Pornoschnurres unter die Nase geklebt, um das schnelle Altern auf der Teufelsmühle zu symbolisieren. Dass er damit allerdings kein Jahr älter aussieht, sondern einfach nur um Welten doofer, nun ja, ein Kollateralschaden des Unverstands. Und der notorische Otto Sander aus dem Off als Erzähler von Belanglosigkeiten hilft der Geschichte schon mal gar nicht weiter.

Der Rest des Cast kann da nicht auch mehr viel helfen. Der glorreiche Daniel Brühl (Tonda, Krabats bester Freund) wirkt wie sediert. Ihm ist wohl auf dem Set erst bewusst geworden ist, in was er da rein geraten ist. Stadlober, auch einer von den Guten, kann sich in seiner Rolle als fieser Mitgesell nicht weiter profilieren, für starke Charaktere ist diese Filmposse nicht ausgelegt. Seine Präsenz ist aber immerhin imposant genug, ihn als neuen D'Artagnan zu empfehlen: sein Lyschko lässt den Michael York aus dem Jahr 1973 schlicht blass aussehen.

Das war's auch schon. Den Beteiligten mag es vielleicht ein wohliges Gefühl bescheren, mal so richtig schön Kino gespielt zu haben. Der Film selbst bleibt ein großes Nichts. Noch nicht mal ein unterhaltsames Nichts, wie es die großen Brüder und Schwestern aus Übersee hinzukriegen vermögen. Aber wenigstens sind die Medien-Menschen von der Straße. Filmförderung, das bessere Hartz IV. Bleibt nur die Frage, warum man sich mit so nichtigen Mitteln nicht eine weniger anspruchsvolle Vorlage gesucht hat. Nächstes mal dann doch vielleicht lieber BIBI BLOCKSBERG UND DER DURCHGEDREHTE RASENMÄHER? Das überfordert dann auch die Filmbewertungsstelle Wiesbaden nicht.











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