Das japanische Genre-Kino hat es seit jeher nicht leicht gehabt gegen die Konkurrenz aus anderen asiatischen Ländern. Während in den siebziger Jahren, zur Blütezeit der Kung Fu- und Schwertkampffilme, Hong Kong und Taiwan als Produktionsstätten vorherrschend waren, erhalten heutzutage vor allem Filme aus Südkorea und (mit Abstrichen) China mehr internationale Aufmerksamkeit.
Zwar gibt es nach wie vor so einige Regisseure (etwa Takashi Miike und Sion Sono) die Dauergäste auf Festivals sind und deren Filme meist in irgendeiner Form außerhalb des Produktionslandes vermarktet werden, darüber hinaus sieht es allerdings eher düster aus. Insbesondere an großen Event-Filmen mangelt es. Großbudgetierte Werke mit internationaler Stahlkraft (SHINOBI, SHIN GODZILLA) tauchen nur alle liebe Jahre auf den Leinwänden außerhalb Japans auf. Der auf der langlebigen Manga-Reihe von Yasuhisa Hara basierende KINGDOM ist insofern die berühmte Ausnahme von der Regel. Big-Budget-Kino, das endlich mal wieder zeigt, dass die japanische Filmlandschaft auch sehr gut massenkompatible Mainstream-Kost kann ohne dabei die eigenen Wurzeln zu verleugnen.
KINGDOM erzählt ganz im Stil der großen amerikanischen Blockbuster eine klassische Heldenreise. Die Waisen Shin und Hyou werden in ihrer Kindheit auf einen abgelegenen Bauernhof verbannt, wo sie von morgens bis abends unter der Ägide eines herrischen alten Mannes schuften müssen. In jungen Jahren ergibt sich allerdings für Hyou die Chance in den Staatsdienst einzutreten und als Double des Königs zu arbeiten. Jahre später erfährt Shin das sein Freund Opfer einer Intrige geworden ist und vom Bruder des Königs ermordet wurde. Getrieben von Rache zögert Shin nicht lange und verlässt den Hort seiner Kindheit um die Schuldigen für den Mord an seinem Blutsbruder zu suchen und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Was nach klassischer Rache-Action im Gewand eines Historienfilms klingt, inszeniert Regisseur Shinsuke Sato eher als leichtfüßiges Abenteuer, das seine Einflüsse Serien wie GAME OF THRONES und VIKINGS verdankt. Soll heißen: Auch hier gibt es eine breit gespannte, Richtung Epos schielende, Handlung, jede Menge Intrigen und zu guter Letzt so einige Allianzen, die geschmiedet werden wollen. Das Alles in verschwenderisch-edlen Bildern, die speziell von den phantastisch eingefangenen Außenaufnahmen (gedreht wurde in Japan und China) profitieren.
Sato (GANTZ, I AM HERO) setzt die Action dabei eher punktuell ein. Die Kämpfe sind sauber choreographiert, bleiben in einigen Momenten allerdings zu unübersichtlich gefilmt. Ein Manko, das hier jedoch nicht weiter stört, da es der Regisseur versteht in allen weiteren Belangen zu punkten. Die Handlung wird kurzweilig vorangetrieben und erhält durch eine Vielzahl skurriler Figuren (eine Frau in einem Eulenkostüm, ein unbesiegbarer Riese etc.) und pointiert eingesetzter Komik asiatischer Prägung das gewisse Etwas.
Insofern bleiben insgesamt nicht etwa das ausgedehnte Finale in Erinnerung, sondern vielmehr ein kurzer, aber sehr prägnant bebilderter Mann-gegen-Mann-Fight in einem Waldstück, die hervorragende Chemie zwischen den Darstellern sowie die unbändige Phantasie in Punkto Ausstattung und Masken. Selbst die Darstellung großer Gefühle, die stets mit einem überdeutlichen Hang zum Overacting einhergeht, fügt sich problemlos in die tonale Stimmung des Films ein und wirkt als spezifisches Merkmal der Inszenierung unterstützend und keinesfalls kontraproduktiv.
KINGDOM ist hochgradig unterhaltsames Abenteuer-Kino, dass in seinen tollsten Szenen an die ganz großen Klassiker das asiatischen Genre-Films erinnert und sein filmisches Worldbuilding ausgesprochen mitreißend umsetzt. Der mit Manga-Verfilmungen bestens vertraute Shinsuke Sato beweist somit auch mit dieser Live-Action-Version, das er es schafft den Geist der Vorlage sehr unmittelbar erfahrbar zu machen.
KINGDOM erscheint am 24.01.2020 als DVD und Blu-ray 2-Disc Steelbook.
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