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Identität. Wenn man KAMIKAZE GIRLS von Tetsuya Nakashima auf einen Begriff bringen möchte, so ist es dieser. Denn: Die Frage nach dem wer bin ich ist der Motor für die Reise der Protagonistinnen durch den Plot. Da wäre zunächst einmal die zentrale Figur Momoko (Kyoko Fukada), die nicht wirklich in diese Welt gehört. Sie lebt zwar in einer japanischen Kleinstadt des beginnenden 21. Jahrhunderts, doch ihre eigentliche Heimat ist das Frankreich der Rokoko-Ära. Klar: Sie ist eine Einzelgängerin. Doch das stört Momoko nicht im geringsten. Sie gibt das Geld ihres Vaters für kitschig popöse Rüschenkleider aus und wähnt sich in ihrer fröhlichen Traumwelt, während die Klassenkameradinnen die neuesten Designer-Fakes von Versach erstehen. Daran ändert auch die Bekanntschaft mit der Rockerin Ichigo (Anna Tsuchiya) zunächst einmal nichts. Obwohl diese um Momokos Freundschaft buhlt, sind Rokoko und Rock zunächst nicht vereinbar. Denn: Wahre Nähe entsteht langsam.
Diese Rahmenhandlung packt Tetsuya Nakashima in knallbuntes Geschenkpapier, springt kunterbunt durch Geschichte und Stile, mixt Realfilm und Comic à la POWERPUFF GIRLS. Und erzeugt so einen quitschfidelen, aufgedrehten Teenie-Film, der im Westen seinesgleichen sucht. Die beiden Teile von DREI ENGEL FÜR CHARLIE kommen einem in den Sinn, DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE vielleicht. Oder CLUELESS, der die Probleme, Wandlungen und Freundschaften von Teenagerinnen ähnlich amüsant thematisiert. Doch an die explodierende Kaugummiwelt der KAMIKAZE GIRLS kommt keiner der genannten Streifen heran.
Vielleicht liegt das auch an den Darstellerinnen. J-Pop-Star Kyoko Fukada und ihr rockender Counterpart Anna Tsuchiya sind schlicht ein pubertierendes Traumpaar. Natürlich ist KAMIKAZE GIRLS bei allem Lob auch eine Projektsfläche von und für Merchandising-Produkte, ein kalkuliertes und überlebensgroßes Starposter mit Fluchtpunkt Teenie-Zimmer. Doch da ist noch mehr: Zu sehr atmen die KAMIKAZE GIRLS den Geist der Postmoderne, zu deutlich schimmern Raffinesse und Intelligenz durch die farbenfrohen Oberflächen auf der Leinwand. Und so schafft der Film etwas, das auch den ach so coolen DREI ENGEL FÜR CHARLIE-Filmen fehlt: Er befriedigt Herz und Kopf, ist oberflächlich und tiefsinnig. Wer Augen hat zu sehen, Ohren zu hören, ein Gehirn zu denken und auch noch ein wild schlagendes Herz, der wird dieses spaßige Machwerk mit kichernder Freude genießen. Befreites Lachen war deshalb die Standardreaktion beim diesjährigen Asia Filmfest in München. Zu Recht.
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