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IP MAN (Hong Kong 2008)

von Andreas Neuenkirchen

Original Titel. YIP MAN
Laufzeit in Minuten. 107

Regie. WILSON YIP
Drehbuch. EDMOND WONG
Musik. KENJI KAWAI
Kamera. SING-PUI O
Schnitt. KA-FAI CHEUNG
Darsteller. DONNIE YEN . SIMON YAM . LOUIS FAN . HIROYUKI IKEUCHI u.a.

Review Datum. 2010-01-12
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Der Kung-Fu-Meister Ip Man ist für Kampfsportler das, was Lee Strasberg für Schauspieler ist: Jeder behauptet, mal unter ihm trainiert zu haben. Gemeint ist meistens, man habe mal bei jemandem trainiert, der sich auf Ip Mans Lehren beruft. Verbürgt als direkter Schüler immerhin ist Bruce Lee, was Ip im chinesisch geprägten Teil der Welt zu einer nahezu mythischen Figur macht, quasi Yoda. Eine Verfilmung seiner Lebensgeschichte war lange angedacht, jetzt kommt jede Menge Butter bei die Fische. Wong Kar-wais THE GRAND MASTER mit Tony Leung scheint sich nach einigem hin und her nun doch zu konkretisieren, aber Vorsprung hat Publikumsregisseur Wilson Yip, dessen vorliegender IP MAN der erste Teil einer geplanten Trilogie ist.

Erzählt wird zunächst von Ip Mans beschaulichem bürgerlichen Leben im Foshan der 1930er mit Frau, Kind und allerlei Wohlstand. Er ist im Ort bekannt für seine guten Manieren und herausragenden Wing-Chun-Kampfkünste. Mitunter kommen Herausforderer ins Haus, die nach dem Essen höflich verprügelt werden. Auch eine Bande grober aber talentierter Rabauken, die die Martial-Arts-Szene Foshans ordentlich aufgemischt haben, sehen kein Licht gegen Ip Man, dem man mit einem Schwert schlicht nicht beikommen kann, wenn er mit einem Staubwedel bewaffnet ist.
Mit Sport, Spaß und Wohlstand ist es schlagartig vorbei, als die japanische Armee in China einfällt. Familie Ip ist fortan obdachlos, Man füttert sie mühsam als Gelegenheitsarbeiter durch.
Der japanische General Miura ist ein Kampfsportfanatiker und lädt sich regelmäßig Meister aus Foshan ein als Sparringspartner für sich und seine Soldaten. Ip Man verweigert sich zunächst, macht aber mit, nachdem ein Freund nicht von einem der Matches zurückkommt. Er brüskiert Miura, indem er zehn seiner Leute auf einmal vermöbelt, die gewonnenen zehn Reissäcke verschmäht und eine Einladung zu weiteren Kämpfen ausschlägt. Als wäre das japanische Heer nicht Feind genug, kommen auch die vagabundierenden Rabauken wieder in die Stadt, und diesmal wollen sie mehr als nur ein bisschen raufen. Ip Man, der sich stets geweigert hatte, eine eigene Wing-Chun-Schule zu gründen, bringt der einfachen Bevölkerung von Foshan bei, wie sie sich verteidigen kann und bereitet sich selbst auf den unvermeidlichen Kampf gegen Miura vor.

Star Donnie Yen und Regisseur Wilson Yip, deren wunderschöne Pop-Prügel-Fantasie DRAGON TIGER GATE rätselhafterweise immer vergessen wird, wenn die weltbesten Comic-Verfilmungen abgezählt werden, zementieren ihren Stand als Dream Team des gehobenen Knochenbrecherfilms. Yips Stilwillen und Tempo, Yens schauspielerische Ausstrahlung und sportliche Brillanz lassen einen Film funktionieren, der eigentlich nicht funktionieren dürfte. Wir nehmen es IP MAN ab, dass er Knall auf Fall eine Wandlung von der Kung-Fu-Version des Ohnesorg-Theaters zur Kung-Fu-Version von SCHINDLERS LISTE vollzieht. Obwohl beide Teile des Films auf ihre Art funktionieren, kommt man nicht umhin festzustellen, dass der Film nie wieder so gut funktionieren wird wie im unbeschwerten ersten Drittel. Die Kämpfe haben dort etwas angenehm Spielerisches, das elegante, Europa-besessene urbane China der 1930er wird als Augenschmaus wieder zum Leben erweckt. Später liegt alles in grauen, staubigen Trümmern, was ebenso überzeugt, aber nicht im gleichen Maße unterhält. Je ernster der Film wird, desto offensichtlicher wird auch seine genretypische Konstruktion, bei der es in erster Linie darauf ankommt, die Story irgendwie um die Kampfchoreografie herumzubasteln. Das funktioniert besser, je weniger ernst die Umstände sind.

Vielleicht kehrt die Unbeschwertheit zurück, wenn Ip Man im nächsten Film nach Hongkong rübermacht. Aber wie auch immer der Ton sich entwickeln wird: Yen, Yip und Action-Choreograf Sammo Hung kann man vertrauen, das haben sie schon jetzt bewiesen.











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