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IDIOTS AND ANGELS (USA 2008)

von Jenny Jecke

Original Titel. IDIOTS AND ANGELS
Laufzeit in Minuten. 78

Regie. BILL PLYMPTON
Drehbuch. BILL PLYMPTON
Musik. COREY A. JACKSON
Kamera. -
Schnitt. KEVIN PALMER
Darsteller. -

Review Datum. 2009-09-23
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

In einem Moment exponentiell angestiegener Selbstreflexivität gestattete sich Homer Simpson einmal die Frage, ob Cartoons denn live gesendet werden. Nein, lautete die Antwort darauf, nur bei wenigen sei das noch zu machen, denn zu anstrengend ist eine Live-Sendung für den Zeichner. IDIOTS & ANGELS ist zwar nicht Teil des Groening'schen Universums, aber das mindert kaum den Eindruck, dass die 78 Minuten Sekunde für Sekunde bei der Sichtung neu zu entstehen scheinen und vielleicht will deswegen das Gefühl, dass man gerade einen Kurzfilm sieht, nicht weichen. Da kann man nur Stoßgebete gen Himmel senden und darum bitten, dass die Macher nicht längst wegen Arthrose in Behandlung sind.

IDIOTS & ANGELS scheint einem nämlich den Blick auf einen Notizblock zu geben, in dem irgendjemand mit ein paar grob gesetzten, schwarzen Strichen und Schraffierungen mit dem Bleistift und ein paar dreckigen Buntstiften eine Geschichte erzählt. Vielleicht sitzt Der, Die oder Das gerade in einer besonders spannenden Vorlesung - oder im Wartezimmer seines Orthopäden. Ein bisschen melancholisch muss er schon drauf sein, denn der, wie auch seine Umgebung, stets in seiner Form fluktuierende Hauptdarsteller ist ein Unsympath, der nicht nur mit jedem erdenklichen Mittel um eine Parklücke kämpft (Explosionen eingeschlossen), sondern ganz allgemein schlecht gelaunt und egoistisch, sexistisch und gewissenlos ist. Jeden Tag begibt sich der Misanthrop auf den Weg von seiner Vorstadt zu einer abgehalfterten Kneipe, um sich zu betrinken, die Frau des Wirts zu belästigen und seine Laune auf die schon heruntergekommene Umwelt zu übertragen. Mit einem Mal, da ist der Zeichner besonders gemein, wachsen ihm jedoch handfeste Flügel.

Flügel mit einem Eigenleben, die ihn Dinge machen lassen, zu welchen ein Unsympath wie er sich normalerweise nicht herablassen würde. Da hilft auch eine schmerzhafte Kettensägensession nichts, denn die lästigen Anhängsel tauchen trotzdem wieder auf seinem Rücken auf. Wirklich in die Bredouille gerät er, als allerlei noch weniger vertrauenswürdige Subjekte in ihm ihren persönlichen King Kong sehen. Eine missgebildete Jahrmarktsattraktion? Eine wissenschaftliche Sensation? Oder einfach die Möglichkeit, sich selbst Flügel zu verschaffen? Nachdem man etwas nachgeholfen hat, versteht sich. In ihrer Vorstellung, da klingeln jedenfalls schon die Kassen und ertönen die Jubelschreie.

Wie bei einem Blatt Papier, auf dem irgendjemand seiner Fantasie freien Lauf lässt, ist in Bill Plymptons Geschichte auf den monoton düsteren Straßen, in der dunklen Suffhöhle und erst recht über den Wolken alles möglich. Visuell im ständigen Wandel begriffen, erzählt der Film von einem schlechten Witz, der in seiner grotesken, eintönigen Welt in Gestalt seiner Pointe doch noch ein Fünkchen Wahrheit bereit hält. Der schwarze Humor weist den Weg in diesem Erwachsenentrickfilm, aber diverse Abzweigungen und Umwege lassen an skurrilen Typen und dem augenscheinlichen Pessimismus vorbeischauen, um die sakrale Schönheit entdecken zu können, welche sich vor dem ersten Eindruck sorgsam verborgen gehalten hat. So wie die selbst ein wenig überirdisch herumwabernden Körper, steht hier das Leben nie still, wenn es auch noch so trostlos anzusehen ist. Alles ist Veränderung, selbst der Tod kann es nicht aus dem Takt bringen. Soviel Optimismus lässt der gelangweilte Zeichner zu. Deswegen kann in jedem Anti-Helden, in jedem Unsympath ein Engel wohnen und wenn es nur ein verdrießlich gestimmter ist, mit zu großer Nase und miserablen Haarschnitt.











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