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HOT TUB - DER WHIRLPOOL... IST 'NE VERDAMMTE ZEITMASCHINE! (USA 2010)

von Robert Zetzsche

Original Titel. HOT TUB TIME MACHINE
Laufzeit in Minuten. 100

Regie. STEVE PINK
Drehbuch. JOSH HEALD . SEAN ANDERS . JOHN MORRIS
Musik. CHRISTOPHE BECK
Kamera. JACK GREEN
Schnitt. GEORGE FOLSEY JR. . JAMES THOMAS
Darsteller. JOHN CUSACK . ROB CORDDY . CRAIG ROBINSON . CRISPIN GLOVER u.a.

Review Datum. 2010-09-30
Kinostart Deutschland. 2010-09-30

Die Story von HOT TUB TIME MACHINE ist im Grunde nicht viel mehr als eine grobe Entschuldigung, um den Weg zur Prämisse - drei vom Leben Enttäuschte kehren in ihre glorreichen 80er-Zeiten zurück - möglichst schnell und hindernisfrei hinter sich zu bringen. Im Zuge dessen muss halt der Whirlpool im Hotelzimmer als Zeitmaschine herhalten. Im Rahmen dieser recht derben, subtilitätsfreien Komödie funktioniert das aber glücklicherweise ganz gut. Nicht nur, weil es der Rahmenhandlung bis ins komische Extrem an Logik oder einem Sinn für Kontinuität fehlt, sondern auch, weil diese unprätentiöse Ehrlichkeit wenigstens zum restlichen Humor des Films passt.

Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch sehen sich Lou (Rob Corddy), Adam (John Cusack) und Nick (Craig Robinson) im Krankenhaus erstmals wieder. Das Leben war gut, als sie noch Kumpel waren. Jetzt liegt Adams Ehe in Trümmern, Nick gab seine Sängerkarriere für ein herbes Pussywhipping auf und redet nur noch von seiner Frau, Lou ließ sich von seiner peinlich gewordenen Partylöwigkeit in Alkoholabhäng- sowie Einsamkeit und letztendlich zum Selbstmordversuch treiben. Um die alten Tage noch einmal aufleben zu lassen, buchen sie einen Wochenendtrip in einem mittlerweile heruntergekommenen Ski-Resort in den Bergen - dem Mekka ihrer Jugend - und nehmen Adams Neffen Jacob (Clark Duke) mit, der als zwanzigjähriges Kellerkind und Second-Life-Nerd ein bisschen lebensnahe Action vertragen kann. Im Anschluss an einen Saufabend im Whirlpool nimmt der Film dann Fahrt auf, als die vier am nächsten Morgen eine Skihütte aufsuchen.

David Bowie und Alf in der Glotze, pinke Leggings an den Beinen, Walkmans statt iPods, Hairmetalfrisuren, Pornobalken- irgendwas stimmt nicht so richtig. Die Vermutung wird durch die Frage nach Michael Jacksons Hautfarbe bestätigt: schwarz. Regisseur Steve Pink inszeniert die 80er als eine Amalgamation sämtlicher überlieferter Popkultur aus dieser Zeit, ohne sie dabei ins Lächerliche zu verzerren. Die 80er bilden zwar die nötige, Nostalgie verursachende Kulisse, sind selbst aber nicht Teil der Scherze. Selbige sind, egal ob sie auf sprachlicher Ebene stattfinden oder als Situationskomik - grundsätzlich recht vulgär und direkt ausgefallen. Ein Großteil der niederen Lacher geht auf die Kappe von Rob Corddy als überheblicher, brachialer, aber nicht unsympathischer Lou, der die zitierwürdigsten Zeilen des Films liefert und die Ekelszenen (Sperma, Erbrochenes) übernimmt. Sein Niveauhoch erreicht der Film, wenn er einen Schlag in die Fresse nicht als Gag inszeniert.

So ein Schlag ist für Lou unausweichlich, nachdem (von Chevy Chase als kryptischem Zeitreisemechaniker) großes Unheil voraussagt wurde, falls nicht alles genau so stattfindet, wie es vor gut 24 Jahren ablief. Deshalb zettelt Lou eine Schlägerei an, die er nicht gewinnen kann, Adam macht mit seiner Freundin Schluss, obwohl er sie ziemlich lecker findet und Nicks Aufgabe, mit einem Groupie zu bumsen, wirft ihn in eine Sinnkrise. Ist es fremdgehen, wenn seine Frau zu der Zeit erst 9 Jahre alt ist? Konfrontiert mit ihren früheren, besseren Leben und den Momenten, von denen an alles langsam bergab lief, stellen sie sich schließlich natürlich die Frage, ob sie überhaupt in ihre momentanen Leben zurückkehren wollen. Das ist so tiefgründig und einfallsreich, wie die Antwort überraschend ist. Durch neue Einsichten oder simplen Betrug versucht letztendlich jeder, einen Vorteil aus der Zeitreise zu ziehen.

Angenehm ist dabei, wie self-aware der Film ausgefallen ist und wie wenig er sich ernst nimmt. Über fast jeder Szene schwebt eine ironische, distanzierende Ebene. Das geht mitunter ein wenig schief, weil sich das auf die Figuren ausdehnt, etwa bei den "Bösewichtern" - zwanzigjährige Patrioten, die RED DAWN (Millius' Blödsinnsfilm!) als persönliche Bibel akzeptieren und überall Kommunisten vermuten. Die meiste Zeit resultiert es aber in angenehmer, wenn auch seichter Heiterkeit. Wenn die vier zum Beispiel vor dem Whirlpool stehen und bierernst beschließen: "it must be some kind of... Hot Tub Time Machine", fehlt zwar die nötige Erzählstimme, um wie noch in ARRESTED DEVELOPMENT "Hey, that's the name of the show" zu kommentieren, dafür gibt's aber einen Jumpzoom in die Nahaufnahme, der letztendlich das Gleiche sagt. Wegen solcher Feinheiten kann man HOT TUB TIME MACHINE auch dann genießen, wenn man vollgekotzte Tiere nicht lustig findet. Es hilft aber sehr.

Maßstäbe setzt HOT TUB TIME MACHINE höchstens in der Anzahl der popkulturellen Referenzen und Namedrops (Twitter, Facebook, Black Eyed Peas, Google und so weiter, außerdem quasi jeder Trend der 80s). Zu mehr als einem amüsanten, anspruchslosen Freitagabendfilm fehlt es HOT TUB TIME MACHINE ein bisschen an Tiefgründigkeit und "eigenen" Gags, die weniger abgeschrieben und schon bekannt wirken. Außerdem bleibt ein Problem des ironischen Umgangs mit seiner albernen Story: Egal, wie lustig man mit fehlendem Sinn umgeht, letztendlich fehlt er ja doch.











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