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Der Film:
Nach jahrelangen Verzögerungen, einer unwürdigen Suche nach einem Regisseur und der nicht ganz nachzuvollziehenden Entscheidung aus einem Roman drei Filme zu machen, ist er nun endlich da: Der erste Teil der HOBBIT-Trilogie. Erzählt wird die Geschichte von Bilbo Beutlin, dem Onkel Frodos, der 60 Jahre vor den Ereignissen in HERR DER RINGE mit dem Zauberer Gandalf und einer Horde von Zwergen loszieht, um die ehemalige Heimat der Zwerge, Erebor, zurückzuerobern.
"Zu lang" ist eine der häufigsten Kritiken, die man seit der Premiere des Films vor ein paar Tagen vielerorts hören kann. So ganz stimmt das nicht und doch ist etwas Wahres dran. Keine Sorge, wirkliche Langeweile kommt nicht auf während der knapp 170 Minuten und doch wird man das Gefühl nicht los, das Peter Jackson stellenweise etwas zu viel erzählt. Gerade manche Dialoge wirken zwei, drei Sätze zu lang und hätte man nicht mit dem Material eines 300 Seiten langen Buches (plus den noch hinzugezogenen Anmerkungsband) drei Filme füllen müssen, wären etliche Einstellungen sicherlich auf dem Boden des Schnittraumes gelandet. So gesehen ist DER HOBBIT also tatsächlich zu lang, ja. Insgesamt fällt das nicht zu negativ auf, da Peter Jackson und seine drei Co-Autoren, (Fran Walsh, Philippa Boyens und Guillermo del Toro) die Geschichte um die Reise zur früheren Heimat der Zwerge so arrangieren und mit neuen Elementen auffüllen, dass ein stetiger Fluss von Abwechslungen und Reizen entsteht.
Dumm ist bloß, dass genau dieses ständige in Bewegung sein des Films die dramaturgischen Schwächen des Romans selbst offenbart. Dieser folgt nämlich, wie nun auch der Film, der simplen Formel "Auf eine Gefahr erfolgt immer die glückselige Rettung mittels deus ex machina". Spätestens wenn die Gemeinschaft der Zwerge, Zauberer und Hobbits zum dritten Mal in Gefahr gerät, hat man als Zuschauer den Braten gerochen und lässt sich nur noch bedingt auf den Spannungsbogen ein. Doch nicht nur das Verhältnis von Bedrohung und Rettung hatte Tolkien im später erschienen HERR DER RINGE besser gelöst, auch die Komik fühlt sich im HOBBIT eher seltsam an. Während im HERR DER RINGE komödiantische Stellen die düstere Grundstimmung etwas entlasten sollen, kommt der HOBBIT fast wie eine Komödie mit Action- und ganz wenigen Horroreinlagen daher. An diesen vollkommen unterschiedlichen Ton muss man sich anfangs erst gewöhnen, aber zum Glück wird er im Laufe des Films auch nach und nach durch sehr viel Pathos ersetzt.
Das kennt man natürlich bereits aus der HERR DER RINGE-Trilogie und so dürfte es niemanden verwundern, dass sich DER HOBBIT spätestens in diesen Momenten vollends anfühlt wie zu den vorangegangenen Filmen gehörig. Das liegt natürlich zum einen an der Regie, die in den Händen Peter Jacksons geblieben ist, zum anderen aber auch an der Besetzung: Von Ian Holm über Christopher Lee bis hin zu Cate Blanchett sind alle Rollen, die auch in der Film-Trilogie ihre Auftritte hatten, wieder mit den gleichen Darstellern besetzt. Lediglich für die neu dazugekommenen Charaktere und diejenigen Wesen, die nicht die Gnade der Alterslosigkeit genießen dürfen, wurden neue Schauspieler gesucht, die allerdings hervorragend mit den altbekannten Darstellern harmonieren. Und weil Harmonie offenbar in Peter Jacksons HOBBIT-Welt einen viel größeren Stellenwert genießt als in der HERR DER RINGE-Trilogie, ist Mittelerde neuerdings zwar immer noch eine durchaus brutale, aber blutleere Welt. Kein Kampf, keine Verletzung hinterlässt blutende Wunden oder Spritzer auf den Schwertern. Der Umgang mit grafischer Gewalt, der auch schon in den HERR DER RINGE-Filmen mitunter reichlich comichaft war, ist nun endgültig in der Absurdität angekommen.
Das aber ist letztlich auch nur ein kleines Manko. Doch leider summieren sich die unnötigen Ärgernisse, sodass man am Ende zwar ganz zufrieden den Kinosaal verlässt, sich aber trotzdem der Tatsache bewusst ist, dass man locker einen weitaus besseren Film hätte sehen können. Und man die Geschichte doch lieber in zwei Filmen hätte erzählen sollen.
Zur Projektion:
Gezeigt wird DER HOBBIT in vielen Kinos nicht nur in 3D, sondern auch in HFR. Darunter versteht man eine Bildwiederholrate von 48 Bildern pro Sekunde (oder auch fps = frames per second). Bisher ist der Standard bei Kinofilmen 24 fps. Durch die Verdopplung sollen zwei Effekte erreicht werden: 1. Das Kinobild soll realistischer wirken; 2. Die Bilder sollen schärfer wirken. Natürlich verändert sich dadurch die gesamte Ästhetik des Films. Dem Filmbild geht eine gewisse "Schwere" abhanden, Bewegungsabläufe wirken wie auf einer Theaterbühne gespielt.
Das erinnert im ersten Moment an eine Telenovela, nur mit höher budgetierten Kulissen, doch nach einer kurzen Eingewöhnung bestechen vor allem die positiven Aspekte dieses neuen Projektionsverfahrens. Allen voran ist hier in der Tat die Schärfe zu nennen, die zwar immer noch nicht auf IMAX-Standard mitspielen kann, aber immerhin einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat. Fulminant wirkt sich der Effekt auch in Nahaufnahmen aus, wenn die Mimik der Schauspieler endgültig eine Plastizität erreicht hat, als würden sie direkt vor einem stehen. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. In diesem Fall sehr viel Schatten. Schnelle Bewegungsabläufe und Kamerafahrten wirken unnatürlich schnell, ganz so als ob jemand den Vorspul-Knopf gedrückt hätte, und können einen leicht aus dem Film reissen. Auch CGI-Effekt dominierte Szenen erinnern eher jetzt viel stärker an pseudo-realistische Videospiel-Cut-Scenes und fügen sich nicht immer harmonisch in den Film ein. Drittes Manko: Wem vom 3D-Effekt bisher ohnehin schon schummrig wurde, dessen Magen dürfte jetzt bei mancher Kamerafahrt noch härter auf die Probe gestellt werden.
Wirklich katastrophal ist die neue Art der Projektion auf keinen Fall. Im Gegenteil sorgt sie sogar gelegentlich für einige exzellente Momente. Das Problem ist aber, dass dem auch negative Aspekte gegenüberstehen und diese doch schwerer wiegen. Gerade die unnatürliche Geschwindigkeit in schnellen Szenen sorgt immer wieder für Irritationen und auch die Effekttechnik hat noch nicht das fotorealistische Niveau erreicht, um nicht manche Szene arg künstlich erscheinen zu lassen.
Fazit:
DER HOBBIT ist eine wahrlich bunt gemischte Tüte. Zahlreiche Leckerlies versuchen immer wieder davon abzulenken, dass sich auch manch gar nicht so schmackhafter Drops in der Tüte verbirgt. Das Filmteam muss sich mächtig anstrengen, soll die HOBBIT-Trilogie am Ende nicht bloß als der kleine Bruder von HERR DER RINGE wahrgenommen werden.
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