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HELL (Deutschland 2011)

von Benjamin Hahn

Original Titel. HELL
Laufzeit in Minuten. 93

Regie. TIM FEHLBAUM
Drehbuch. TIM FEHLBAUM . OLIVER KAHL . THOMAS WÖBKE
Musik. LORENZ DANGEL
Kamera. MARKUS FÖRDERER . TIM FEHLBAUM
Schnitt. ANDREAS MENN
Darsteller. HANNAH HERZSPRUNG . LARS EIDINGER . LISA VICARI . STIPE ERCEG u.a.

Review Datum. 2011-08-06
Kinostart Deutschland. 2011-09-22

Man könnte diese Kritik mit einem Spruch beginnen. Etwa so wie: "Kunden, die dieses Produkt kauften, kauften auch: Die FALLOUT-Reihe." Oder: "Wow, ist das wirklich ein deutscher Film?" Oder für den Denglisch-Liebhaber auch was bilinguales wie "It's really hell in hell!" - für was man sich auch immer entscheiden würde, es träfe immer zu:

1.) "Kunden, die dieses Produkt kauften, kauften auch: Die FALLOUT-Reihe."

Kein weltweiter Super-Gau hat die Erde in ein postapokalyptisches Wasteland verwandelt, sondern ungewöhnliche Sonnenstürme, in deren Folge die Temperatur auf der Erde stark anstieg und das Land (und mitunter auch die Menschen) verbrannte. In dieser Welt, die zwar nicht toxisch oder verstrahlt ist, in der man aber außerhalb des Schattens nur kurze Zeit überleben kann, leben Marie, ihre Schwester Leonie und ihr Freund Phillip. Die Drei sind von einem unbekannten Ort aus aufgebrochen, um nun in den Bergen Schutz vor der Sonne und Trinkwasser zu suchen. Auf dem Weg dorthin treffen sie auf Tom, der zunächst - wie jeder Mensch in dieser Ödnis - ein Konkurrent um Wasser und Nahrung ist und damit zur direkten existentiellen Bedrohung wird. Doch in einer Welt, in der Wasser und Benzin zum neuen Gold aufgestiegen sind und Handel und Gruppenbildung das eigene Überleben sichern, einigt man sich schnell. Aber der frohgelaunten Weiterfahrt wird schnell ein jähes Ende gesetzt...

2.) "Wow, ist das wirklich ein deutscher Film?"

Der in der Schweiz geborene Regisseur Tim Fehlbaum ist Absolvent einer Filmhochschule, der vorliegende Film mit deutschen Darstellern besetzt, von diversen Filmförderungsanstalten staatlich gefördert und hat auf dem Filmfest München den "Förderpreis Deutscher Film" erhalten. Man sieht ihm das nicht an. HELL ist ein Horrorthriller auf internationalem Niveau, der locker mit seinen ausländischen Genre-Kollegen mithalten kann und mit seiner öko-apokalytpischen Prämisse voll im Trend der vergangenen Jahre liegt. Seine Geschichte erzählt er überraschend flott, spannend und atmosphärisch dicht; er spart sich eine große Exposition seiner Welt und legt auch sonst keinen Wert auf typisch deutsche Verkopftheit. Da ist es auch verzeihbar, dass er alles andere als innovativ ist. Denn trotz seiner interessanten Ausgangssituation schlägt er etwa in der Mitte den konventionellen Pfad eines ganz bestimmten Horrorgenres ein und wird dieses auch bis zum Ende nicht mehr verlassen. Das mag vielleicht den ein oder anderen Zuschauer völlig zurecht enttäuschen, denn sowohl aus der Prämisse, als auch aus der späteren Wendung hätte sich durchaus weit mehr herausholen lassen können, aber bevor man sich nun darüber beschwert, dass HELL das Rad nicht neu erfindet, sollte man viel lieber dankbar dafür sein, dass dieser Film einer der wenigen deutschen Horrorfilme ist, die in der Liga internationaler Produktionen mitspielen können (und damit sind nicht nur anglo-amerikanische, sondern auch französische Produktionen gemeint).

Das Problem am deutschen Genrekino ist nämlich, dass es nur selten internationale Standards erreicht, sondern meistens - sagen wir es mal frei heraus - wenig konkurrenzfähig ist. Anders gesagt: Deutsches Horrorkino ist fast durchweg schlecht und hat deshalb zurecht keine Chance gegen ausländische Produktionen. Man kann HELL vorwerfen, dass er nicht wirklich etwas grundlegend Eigenes schafft, dass er - im internationalen Vergleich - seine Sache eher solide macht und damit im Endeffekt nichts anderes ist als einer der besseren Genrevertreter, der seine Sache zwar in seinem Genre gut macht, aber auch hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Aber diese Vorwürfe ignorieren, dass man für gutes Genrekino eben einer Basis in Form einer konkurrenzfähigen Genrekultur bedarf. Man darf sich nicht wundern, dass sich deutsche Produzenten, Studios und Förderer so schwer tun einen soliden Mainstream-Horror zu produzieren, wenn selbst gelungene Experimente wie HELL ob ihrer mangelnden Innovationen gescholten werden. Da ist dann einfach die Angst zu groß, dass man bei diesem Neuland auf die Nase fällt und setzt stattdessen auf den x-ten Sozialkitsch oder Till-Schweiger-Film, bei dem man wenigstens weiß, dass entweder die Kritiken (für's Prestige) oder die Zuschauerzahlen (für den Geldbeutel) stimmen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Das ist keine Absolution für uninspirierte Stangenware, sondern lediglich die Bitte um Verständnis für die Makel eines gar nicht mal so schlechten Kinofilms, dessen Genre in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt. Wer das nicht aufbringt, der nörgelt auch darüber, dass das Kleinkind noch keinen Marathon laufen kann...

3.) "It's really hell in hell!"

Blasse, ausgewaschene Farben, krasse Überbelichtung und "day for night"-shots sorgen für den stilistischen Rahmen bei diesem Abstieg in die Hölle der menschlichen Existenz. Technisch ist hier alles perfekt: Die Inszenierung eines von der Sonne ausgedörrten Deutschlands ist überzeugend, die Ausstattung detailverliebt, die Kostüme und das Schauspiel glaubhaft. Lediglich Angela Winkler legt ihre Rolle viel zu früh zu durchschaubar an. Ansonsten aber ist alles in sich stimmig. Lediglich aus der Handlung selbst ergibt sich die eine oder andere Merkwürdigkeit, die man dem Drehbuch des Films ankreiden könnte (so gibt es in dieser Welt z.B. keine Schusswaffen und das Verhalten der Gruppe ist eher funktional, d.h. nicht angepasst an die sie umgebende Umwelt, sondern an die Wendungen des Drehbuchs).

HELL ist alles andere Meisterwerk des Endzeit-Horrorkinos, aber zumindest für dieses Genre ein guter Vertreter, dem man - auch wegen seines Produktionslandes - gerne viele Zuschauer wünscht. An dieser Stelle sei übrigens auch noch einmal THE ROAD empfohlen, der quasi eine sozialkritischere und um den Horror erleichterte Variante von HELL ist.











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