|
Filme über den Krieg im Irak gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Meist konzentrieren sie sich auf eine kleine Gruppe von Menschen, die entweder direkt oder indirekt vom Krieg betroffen sind. HOME OF THE BRAVE legte seinen Fokus beispielsweise auf die Heimkehrer und deren mal mehr mal weniger erfolgreiche Wiedereingliederung in die US-amerikanische Gesellschaft. Einzig Dokus zum Krieg, der noch immer andauert, dürfte es noch mehr geben als Spielfilme. Da sorgt es natürlich nicht gerade für großes öffentliches Interesse, wenn Hollywood mit einem neuen Film aufwartet, der den Krieg im Irak als Grundlage für seine Handlung verwendet. Etwas anderes ist es aber, wenn es sich bei jenem Film um den neuen von Paul Greengrass handelt, der immerhin für DIE BOURNE VERSCHWÖRUNG und DAS BOURNE ULTIMATUM verantwortlich zeichnet; zwei Filme, die das Aktionskino in den letzten Jahren nachträglich beeinflussten. Auch sein UNITED 93 machte dazwischen deutlich, dass Greengrass mittlerweile so etwas wie eine ganz eigene Marke ist. Schnelle Schnitte, eine Actionsequenz, in der es drunter und drüber geht, deren Aktionen aber dennoch wahrnehmbar und definierbar sind - im Gegensatz zu vielen anderen Actionfilmen, die ebenjene Techniken inflationär nutzen, so dass das Ergebnis einen Kopfschmerzen verursachenden Brei an undefinierbaren Aktionen darstellt.
Was also, wenn sich dieser Regisseur mit einem Schauspieler zusammentut, der so etwas wie eine sichere Bank darstellt? Heraus kommt GREEN ZONE, die bereits dritte Kollaboration zwischen Paul Greengrass und Matt Damon, die vom Drehbuchautoren Brian Helgeland (und Stamm-Composer John Powell) komplettiert wird, der die Mischung aus spannendem Thriller und sauberer Action in den letzten Jahren häufig verstand. Greengrass führt uns in GREEN ZONE nicht etwa in den heutigen, vom zähen Krieg gezeichneten, Irak, sondern nimmt uns mit zu den Anfängen, zur Invasion der Koalitionstruppen im Jahre 2003. Matt Damon kommandiert eine kleine Einheit von Spezialisten, die auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen (WMD) ist, aber einfach keine finden will. Was anfangs noch nach hartem Realismus klingt - man hat ja bis heute keine WMDs gefunden -, schlägt aber schon bald eine fiktive Richtung ein, die sich von den realen Ereignissen im Irak signifikant unterscheidet. Oder auch nicht. Greengrass spielt nämlich mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, verstrickt geschickt Fiktion und Realität zusammen, so dass man sich oftmals doch auch dahingehend Gedanken macht, ob sich der Lauf der Geschichte nicht doch auch in ebenjene Richtung, die der Film präsentiert, hätte drehen können. Hohe Vertreter der ehemaligen Baath-Regierung befinden sich nämlich im Untergrund und wollen mit den Amerikanern gemeinsame Sache machen, so dass der Irak nämlich nicht im Chaos endet, sondern schnell wieder zur Demokratie und vor allem Souveränität findet.
Natürlich ist das retrospektiv gesehen alles deutlich einfacher als noch zu Zeiten der Invasion, aber Greengrass versteht es gekonnt, die Sympathien auf Damons Figur zu lenken, die zudem ausgerechnet vom Vertreter der CIA (Brendan Gleeson) unterstützt wird. Es klingt alles so einfach, so logisch und konsequent, was diese beiden Männer erreichen wollen, und dennoch bleibt es eine unter vielen Lösungen, die für die Zukunft des Irak präsentiert werden. Natürlich ist es Greg Kinnears arroganter Politikerfigur zu schulden, dass man nicht auf seiner Seite ist, aber dass der Irak und seine Demokratisierung deutlich komplexer als ein Hollywood'scher Spielfilm sind, dessen ist sich auch Greengrass bewusst. Es scheint stets unklar, was der nächste Schritt im "Spiel" bedeuten wird, wer Freund und wer Feind ist, ein Szenario, das die Koalitionstruppen, die sich hier lediglich auf die Amerikaner beschränken, nur zu gut kennen. Dass sich der Feind jedoch auch in den eigenen Reihen befindet und ebenfalls zu allem bereit scheint, das ist neu. Nicht einmal den Special Forces, die hier als ein Haufen von Cowboys präsentiert werden, kann man trauen. Man will gar nicht erst wissen, wie die Söldner von Blackwater hier drauf sind ... Greengrass liefert aber dennoch zu kaum einem Zeitpunkt so etwas wie ein politisches Statement ab. Auch am Ende bleibt der moralische Zeigefinger glücklicherweise aus, etwas, das nicht viele Filme mit dieser Thematik schaffen.
Vor allem aber technisch besticht GREEN ZONE, allen voran mit seinem atemberaubenden Setdesign, das nicht im Geringsten nach CGI aussieht, sondern vielmehr nach liebevoller Detailarbeit. Besonders der Republikpalast sticht hier heraus, denn schaut man sich einmal Bilder des Palastes anno 2003 an, dann wird einem schnell deutlich, welch großartige Arbeit hier vollbracht wurde. Diese Authentizität verhilft dem Film nicht nur zu dessen Spannung, sondern zeigt auch einmal mehr, wie geschickt Greengrass eine alternative Historie präsentiert, die letztlich doch in jener endet, die uns heute bekannt ist. Zwischen all diesem politischen Geplänkel bleibt aber dennoch genug Zeit für Matt Damon, der sich in bekannter Jason-Bourne-Manier durch Häuserblocks kämpfen darf, um sich mal bewaffnet, mal nur mit blanken Fäusten, seinen Weg freizumachen. Selbstredend tragen diese Szenen dann auch Greengrass' typische Handschrift. Nur ein Grund, warum sich GREEN ZONE wie die beiden BOURNE-Filme, lediglich in das Irak-Setting transponiert, anfühlt. Greengrass zeigt mit GREEN ZONE nicht nur, dass er zu den interessantesten Actionregisseuren des Gegenwartkinos gehört, sondern auch, dass er es versteht politische Filme ohne unnötige Schwere zu inszenieren (was teilweise auch schon in UNITED 93 deutlich wurde). Denn auch wenn GREEN ZONE Platz für "Spekulationen" bietet, so wird dennoch deutlich, dass es sich nur um eine Art Exploitation handelt - es ist eben doch nur ein Film, wohl ein Grund, weshalb die Dokus auf diesem Gebiet dominieren.
|
|
|