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GET OUT (USA 2017)

von André Becker

Original Titel. GET OUT
Laufzeit in Minuten. 104

Regie. JORDAN PEELE
Drehbuch. JORDAN PEELE
Musik. MICHAEL ABELS
Kamera. TOBY OLIVER
Schnitt. GREGORY PLOTKIN
Darsteller. DANIEL KALUUYA . ALLISON WILLIAMS . CATHERINE KEENER . BRADLEY WHITFORD u.a.

Review Datum. 2017-05-01
Kinostart Deutschland. 2017-05-04

Das Studio Blumhouse hat in den letzten Jahren Millionen mit kostengünstig heruntergekurbelten Horror- und Gruselstreifen (INSIDIOUS, SINISTER) gescheffelt. Echte Highlights sind allerdings rar. Der Großteil der Produktionen ist reichlich austauschbare Genre-Ware, die man im besten Fall am nächsten Tag wieder vergessen hat. Umso schöner, wenn sich dann doch mal eine kleine Perle im Portfolio des Studios versteckt.

Der junge Fotograf Chris (Daniel Kaluuya) unternimmt mit seiner Freundin Rose Armitage (Allison Williams) einen Ausflug aufs Land. Dort befindet sich das Anwesen der Eltern von Rose, die er nach mehreren Monaten Partnerschaft nun endlich kennenlernen soll. Dass Chris dunkelhäutig und Rose weiß ist, scheint zunächst keine große Rolle zu spielen. Nach und nach wird jedoch deutlich, dass die Hautfarbe für die gut betuchte Familie alles andere als unwichtig ist und sie ganz eigene Pläne mit dem Neuankömmling haben.

Jordan Peele wählt für sein Regiedebüt durchaus ungewöhnliche Themen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass Peele ansonsten eher im Comedy-Segment (z.B. als Darsteller in der Cat Content-Actionkomödie KEANU) unterwegs ist und sich GET OUT inhaltlich und stilistisch unverkennbar im Horror-Genre positioniert. Der Regisseur setzt dabei auf einen fast schon anachronistisch anmutenden Inszenierungsstil: Langsamer Spannungsaufbau, keine überkandidelten Jump-Scares oder Splatter-Eskapaden sowie eine Fülle unheilvoller Andeutungen und Zweideutigkeiten, die in verschiedene Richtungen weisen.

Rassismus hat viele Gesichter. GET OUT begeht nicht den Fehler, sein Sujet unterkomplex oder gar marktschreierisch zu behandeln. Peele schafft es die Tragweite der gerade heute noch ausgesprochen virulenten Gemengelage aus Vorurteilen, Stereotypen und rassistischen Zuschreibungen auf intelligente Weise greifbar zu machen. Diesbezüglich erzählt sein Film auch von Jugendwahn und Körperkult als soziales Distinktionsmerkmal, was besonders im letzten Drittel erkennbar wird, wenn das clever konstruierte Drehbuch die Motive der Protagonisten offenlegt.

Trotz minimaler komödiantischer Elemente dominiert eine düster-morbide Grundstimmung, die der Regisseur immer wieder mit treffsicher getimten surrealen Sequenzen anfüttert. Da wird eine scheinbar harmlose Gartenparty schon mal zu einem Kuriositätenkabinett reichlich skurriler Best Ager, bei denen unter der Maske bildungsbürgerlicher Identität ein wahres Sammelsurium diffuser Obsessionen und Neurosen schlummert. Daneben beweist Peele mehrfach großes Geschick darin für seine Horrorstory starke Bilder zu finden. Genannt sei hier eine sehr einnehmende Hypnose-Sequenz, die nicht nur die Hauptfigur gehörig durchschüttert. Obwohl sich GET OUT gegen Ende kleinere Abschweifungen in die Gefilde des Mad Scientist-Genres erlaubt, fällt angenehm auf das Peele eben nicht allzu dick aufträgt und seine makabre Geschichte größtenteils ohne großspurige Übertreibungen auskommt. In Zeiten in denen das Genre-Kino gerne auf eine ungute Höher-Schneller-Weiter-Ausrichtung zurückgreift und dabei die Grundpfeiler guten Erzählens vernachlässigt ein lobenswerter Ansatz.

Das alles macht Jordan Peeles Debüt in der Summe nicht nur zu einem außergewöhnlichen und metaphernreichen, sondern auch zu einem rundum überzeugenden Film, dem es weder an Tiefgründigkeit noch an intensiven Spannungsmomenten mangelt. Innerhalb der jüngeren Entwicklung des Genres ist GET OUT jedenfalls ein Lichtblick, der aufgrund seiner gewitzten und wirkungsvollen Inszenierung deutlich aus dem faden Einheitsbrei des gegenwärtigen Mainstream-Horrorkinos heraussticht. Und für alle Debütanten, die noch kommen mögen gilt: Keine falsche Scheu vor der Auseinandersetzung mit großen Themen im Genre-Film. Es lohnt sich.











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