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DAS GEHEIMNIS DER GEISHA (Frankreich 2008)

von Jenny Jecke

Original Titel. INJU, LA BÊTE DANS L'OMBRE
Laufzeit in Minuten. 101

Regie. BARBET SCHROEDER
Drehbuch. BARBET SCHROEDER . JEAN-ARMAND BBOUGRELLE . FRÉDÉRIQUE HENRI
Musik. JORGE ARRIAGADA
Kamera. LUCIANO TOVOLI
Schnitt. LUC BARNIER
Darsteller. BENOÎT MAGIMEL . LIKA MINAMOTO . SHUN SUGATA . RYO ISHIBASHI u.a.

Review Datum. 2009-09-15
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Hätte Barbet Schroeder etwas profundes zu sagen über das Verhältnis von Künstlern zu ihren und anderen Fiktionen, wäre DAS GEHEIMNIS DER GEISHA womöglich ein zufriedenstellender Film geworden. Doch der Konjunktiv ist leider alles, was einem bleibt, hat man sich erstmal die Geschichte des Schriftstellers Alex Fayard (Benoît Magimel) erzählen lassen, der nach Japan reist, um sein neues Buch vorzustellen und dort von einem mysteriösen Kollegen bedroht wird. Fayard ist fasziniert von Shundei Oe, einem Sex & Crime-Autor der Marke "verrückter Einsiedler", den angeblich noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat. In Japan angekommen, überholt der Franzose sein Vorbild in den Bestsellerlisten, doch prompt vermiesen Drohanrufe die Feierlaune. Das alles nicht ernst nehmend, verliebt sich Fayard in die betörende Geisha Tamao (Lika Minamoto). Erst als diese verzweifelt um seine Hilfe bittet, geht ihm auf, dass Oe wahrscheinlich nicht nur Telefonstreiche spielt.

Ein B-Film im Hochglanzformat hätte DAS GEHEIMNIS DER GEISHA werden können, doch Schroeder musste unbedingt einen Diskurs anschneiden, der seine Kräfte übersteigt. Mit einem verhältnismäßig langen Ausschnitt aus einer blutigen Oe-Verfilmung leitet er nämlich sein eigenes Werk ein. Erst ein Zoom enthüllt dem Zuschauer, dass es sich um einen Film-im-Film handelt. Von vornherein wird der Streifen damit als selbst-referenziell entblößt und mit dem Stempel der Postmoderne versehen, ist man gewillt dieses Schreckenswort zu verwenden. DAS GEHEIMNIS DER GEISHA erzählt nicht nur eine Geschichte, der Film weiß auch noch, dass er eine erzählt. Natürlich findet Fayard sich auf japanischem Boden gewissermaßen in einem der reißerischen Romane von Shundei Oe wieder. Der arrogante Schriftsteller wird zum gar nicht perfekten Helden, der auf der Suche nach der Identität seines Widersachers Wahrheit und Lüge nicht mehr auseinanderhalten kann. Seine Geisha ist mal verletztes Reh, mal verführerischer Vamp und den Bösewicht sieht man lange Zeit nur in Form einer in ihrer Größe geradezu grotesken, schwarzen Sessellehne, hinter der die Rauchwölkchen einer Zigarette hervorsteigen. Fehlt noch ein weißer Kater und das James Bond-Universum wäre nicht weit.

Von Gruselmomenten durchzogen und schwermütigen Streichern angetrieben, wandelt sich der Film zum Erotikthriller, garniert mit einem Hauch Voyeurismus, Fesselspielen und Peitschenhieben. Die Lust daran, eine Übertreibung an die nächste zu reihen, kann Schroeder kaum verbergen. Bizarre Fantasien, welche aus den Romanen entflohen zu sein scheinen, verfolgen Fayard im Schlaf wie auch bei Bewusstsein. Sie jagen den ein oder anderen Schauder über den Rücken und machen vor allem Spaß.

Mehr als nur Mystery in der Tradition von John Carpenters DIE MÄCHTE DES WAHNSINNS mit einem Schuss Sadomaso-Erotik will der Film sein, vollends ergibt er sich seiner betont künstlerisch wertvollen Attitüde aber nicht. DAS GEHEIMNIS DER GEISHA ist übersät mit Schildern, welche auf 'Inhalt' verweisen. Folgt man diesen, findet man sich jedoch in Sackgassen wieder. Ellenlang lässt die Verfilmung einer Kurzgeschichte des japanischen Krimimeisters Rampo Edogawa ihre Figuren über die Merkmale von Shundei Oe und seiner Literatur monologisieren und diskutieren. Wenn das nicht langweilt, so schürt es Erwartungen. Zwar wandelt der Film und sein Protagonist zu Beginn recht vielversprechend zwischen Traumwelt, literarischer Fiktion und Realität, allerdings entpuppt sich dieser Ansatz spätestens am Ende als fade Effekthascherei. Deprimieren müsste dies nicht einmal, wenn der durchaus spannende Streifen zumindest einen überraschenden Twist parat halten würde. Anstatt den Regeln des Genres zu folgen, verlässt sich das Drehbuch aber auf ausgelutschte Klischees desselben, die in anderen Filmen schon besser und keinesfalls so vorhersehbar wie hier platziert worden sind.

Atmosphärisch ruft DAS GEHEIMNIS DER GEISHA die verhängnisvollen Affären eines Paul Verhoeven oder Adrian Lyne in Erinnerung, welche vor zwanzig Jahren die Kinos dieser Welt unsicher gemacht haben. Weniger bedeutungsschwer und ein bisschen schmuddeliger waren Filme wie BASIC INSTINCT, aber dafür in sich weitaus stimmiger als das, was Schroeder hier zustande gebracht hat. Da ist er wieder, der Konjunktiv: hätte doch nur Joe Eszterhas einen Blick auf das Drehbuch geworfen.

DAS GEHEIMNIS DER GEISHA ist ab dem 14. August als Verleih- und ab dem 30. September als Kauf-DVD erhältlich.











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