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FLATLINERS (USA 2017)

von André Becker

Original Titel. FLATLINERS
Laufzeit in Minuten. 110

Regie. NIELS ARDEN OPLEV
Drehbuch. BEN RIPLEY
Musik. JACOB GROTH
Kamera. ERIC KRESS
Schnitt. TOM ELKINS
Darsteller. ELLEN PAGE . NINA DOBREV . DIEGO LUNA . JAMES NORTON u.a.

Review Datum. 2017-11-28
Kinostart Deutschland. 2017-11-30

Eine Rezension zu einem Remake mit ein bisschen BlaBla zum Original zu beginnen ist in etwa so originell wie das "Drehbuch" einer x-beliebigen Folge einer Daily Soap. Und dennoch soll diese Review mit genau diesem wenig innovativen Rückblick starten. Warum lasse ich hier einfach mal bewusst unklar. Nun springen wir aber erstmal ein paar Jahrzehnte zurück. Joel Schumacher, einer der vielseitigsten Regisseure der neunziger Jahre hat sich 1990 mit FLATLINERS ins, zur damaligen Zeit gar nicht mal so populäre, Horror-Genre gewagt. Das Ergebnis war sicherlich kein bahnbrechender Meilenstein, aber ordentlich inszeniert war das Ganze schon. Neben den eingestreuten existentialistischen Fragen macht vor allem die geballte Starpower der Produktion den Film zu mehr als einer Randnotiz im Genre-Kanon. Kevin Bacon, Julia Roberts, Kiefer Sutherland und Newcomer wie William Baldwin. Das Who's Who Hollywoods trat an, um dem Thriller eine riesengroße Aufmerksamkeit zu bescheren, die dem Film eine nicht zu unterschätzende popkulturelle Relevanz einbrachte. An dieser Stelle beamen wir uns bitte ins Jahr 2017, wo das Remake an die Tür klopft. Und diesbezüglich gibt es gleich die erste Überraschung. Die Neuauflage geht nämlich bei den Darstellern nicht auf Nummer sicher und schickt mit Ellen Page eine Mimin ins Rennen, deren In-Phase schon eher eine Weile zurück liegt.

Wer mit dem Feuer spielt, kann sich ruckzuck die Finger verbrennen. So könnte man mit einem Satz die Story rund um die wagemutigen Experimente einer Gruppe von Medizinstudenten zusammenfassen. Neben Page gehören noch Nina Dobrev (kennt man vor allem aus der Erfolgsserie THE VAMPIRE DIARIES) und weitere Jungschauspieler dieser illustren Studententruppe an, die mit immer neuen Nahtodversuchen einen Blick ins Jenseits werfen wollen. Das bleibt erwartungsgemäß nicht ohne schwerwiegende Konsequenzen, die der dänische Regisseur Niels Arden Oplev als Basis für eine reichlich abgeschmackte Horrorfilm-Dramaturgie nutzt.

Ein Update, das die Welt nicht braucht. FLATLINERS ist eines dieser Remakes, das krampfartig versucht die Essenz des Originals in ein zeitgemäßes Gewand zu übertragen. Zeitgemäß heißt in diesem Zusammenhang leider vor allem das Vorhandensein sämtlicher inszenatorischer Unzulänglichkeiten, die das moderne Horror-Kino gerade so langweilig und irrelevant machen. Jump Scares die wirkungslos verpuffen, ein durchweg vorhersehbarer Spannungsaufbau, dessen Höhepunkte selbst wenig erfahrenen Durchschnittszuschauern nur ein müdes Gähnen entlocken dürften, sowie ein Drehbuch, das sich mit einigen Neuerungen auf denkbar uninspirierte Weise in der Jetztzeit verankert.

Am erstaunlichsten (im negativen Sinne) ist jedoch wie einfallslos der Film die Nahtoderfahrungen seiner Protagonisten visualisiert. Diesbezüglich ist das Remake dann fast schon wieder old school und mit seinen Motiven und Einstellungen vom Esoterik-Wühltisch ganz schön aus der Zeit gefallen. Ganz im Ernst, wer heutzutage noch Sequenzen dreht, in denen einer der männlichen Hauptfiguren breitbeinig auf einem dicken Motorrad über nächtliche Straßen braust und dies tatsächlich als geeignetes Sinnbild für die grenzenlose Freiheit eines After life hervorkramt, kann sein Publikum nicht für voll nehmen. Apropos Figurenzeichnung: Selten sah man in einem Horror-Film eine derartig unsympathisch dargestellte Truppe von Charakteren. Da wäre zum einen der stinkreiche Schnösel, der, kein Scherz, auf einem schnieken Hausboot wohnt, der besserwisserische Sonnyboy, der irgendwie auch als gute Seele der Gruppe funktionieren soll, das schüchterne Mauerblümchen (mit fieser Vergangenheit als Bullying-Täterin) usw. usf. Weitgehend neutral bleibt hingegen Ellen Page, was dann wiederum dazu führt, das man sich angesichts ihrer unausgereiften Figurenzeichnung keinen wirklichen Reim darauf machen kann, welche Intention eigentlich ihr Handeln bestimmt.

Am Ende fragt man sich ob das Original ebenfalls so starke Defizite vorwies und man diese im Laufe der Jahre einfach ausgeblendet hat. So oder so ist das Bedürfnis die Vorlage noch einmal zu sichten nach dem Remake groß. Und sei es nur, um in Zukunft noch entschiedener bestimmte Neuauflagen bewusst mit großer Skepsis zu begegnen. FLATLINERS ist jedenfalls ein weiterer Beleg für die kreative Krise des großbudgetierten Genre-Kinos, deren Überwindung mit derartig missglückten Neuinterpretationen nur noch dringlicher erscheint.











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