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FLASHPOINT - DAS SPEZIALKOMMANDO - SEASON ONE (Kanada 2008)

von Martin Eberle

Original Titel. FLASHPOINT
Laufzeit in Minuten. 585

Regie. DAVID FRAZEE
Drehbuch. MARK ELLIS . STEPHANIE MORGENSTERN
Musik. AMIN BHATIA . ARI POSNER
Kamera. LUC MONTPELLIER . DAVID PERRAULT
Schnitt. TERESA HANNIGAN
Darsteller. HUGH DILLON . AMY JO JOHNSON . DAVID PAETKAU . GABRIEL HOGAN u.a.

Review Datum. 2010-05-01
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Folge 1. Da haben wir also eine "Situation". Ein gepflegter, öffentlicher Platz, umrahmt von gepflegten, hübschen Hochhäusern. Ein bulliger Typ, offensichtlich sauer, Kauderwelsch brüllend, irgend was ausländisches, eine Balkansprache vielleicht, der einer verängstigten Frau im Arm (in einer Nebenrolle die schöne Serienerfinderin Stephanie Morgenstern) die Pistole an den Kopf hält. Die Spezialisten aus der SRU (Strategic Response Unit) haben bereits Stellung bezogen, zwei Scharfschützen auf den Dächern, der Verhandlungsführer mit zwei bewaffneten Sekundanten auf der Plaza. Flashpoint, nein, pardon, flashback: wir springen zwei Stunden in der Zeit zurück, sehen, wie einerseits die Elitepolizisten sich auf den Tag vorbereiten, kleine Einblicke ins private und berufliche, und der zukünftige Geiselnehmer so langsam Fahrt aufnimmt, um dann an eben diesem flashpoint, dem Konfliktort, zusammen zu treffen.

Folge 2. Wir haben da eine "Situation". Krankenhaus, Operationssaal, ein wütender Mann fuchtelt mit einer Pistole rum, herrscht einen Patienten an und will sich partout nicht vom Verhandlungsführer, eingerahmt von seinen Maschinenpistolenschergen, beruhigen lassen. Sprung zurück, wir sehen einen liebevollen Vater, der spätere Pistolenfuchtler, der sich so arg freut, seine schwer herzkranke, süße Tochter endlich ins Krankenhaus fahren zu können, um sie dort mit einem frischen Spenderherzen zu vereinen. Weil da aber etwas schief geht, werden die Kollegen aus der SRU dann doch keinen entspannten Tag haben.

Forensiker, Knochenjäger und ihre Klone tummeln sich auf den Kanälen, da ist es einfach mal schön, wenn zu dem ewig ähnlichen, öden Fernsehserieneinerlei eine neue, frisch produzierte Serie kommt. Eine Serie, die z.B. mal was wagt, etwa eine ungewöhnliche Erzählstruktur, Figuren abseits vom stets re- und re-re-produzierten Klischee. Eine Serie also, die ganz anders ist als FLASHPOINT. Denn obwohl es visuell ganz fesch und schick daherkommt (gute Kamera, guter Schnitt), ist FLASHPOINT ein lieblos zusammengeknüppeltes, dümmliches Machwerk, dem jedes potentielle Konflikt- und Spannungsmoment systematisch ausgebimst wurde. Die Eliteeingreiftruppe, fast nur Männer, ist ein machistischer Männerbund, der mit sich und dem eigenen Weltbild weitgehend zufrieden ist. Die einzige Frau stört nicht weiter. Sie fügt sich als geschlechtslos inszeniertes Wesen geschmeidig in den homogenen Kreis ein. Und weil auch das Thema "Rasse" zu viel Konfliktpotential birgt, gibt es auch keinen Alibi-Schwarzen im Team.

Die überaus schwachen Plots, die sich mit dem schlichten "Gut vs. Böse" zufrieden geben, sind nichts weiter als die Plattform für vorgeblich coole Cops, deren Coolness allerdings stark unter einigen Albernheiten leidet: dämlich ausgedachte Hightech-Gadgets wie z.B. ein faustgroßer Kameraball, der, um die Ecke geworfen, sich erstmal minutenlang ausrichten muss, während zwei Meter weiter die schwer bewaffneten Polizisten hinter eben dieser Ecke warten und warten, anstatt einfach mal selbst einen Blick zu riskieren; der Verhandlungsführer, der bei direktem Kontakt mit einem Geiselgangster mit großer Geste seine Waffe ablegt, während keine 15 cm hinter ihm zwei seiner stahlhelmbewehrten Kollegen über jeder seiner Schultern eine Maschinenpistole im Anschlag haben; der Massenauflauf von Schaulustigen, die recht entspannt dabei zusehen, wie eine bereits abgefeuerte Pistole von einem Choleriker auch immer wieder mal in ihre Richtung gefuchtelt wird... da beschleunigt sich nicht der Puls, da muss man einfach lachen. Zumal die oft so unfreiwillig putzigen Situationen, ach was, fast der komplette Film, mit einem hyperdramatischen Beat zugeballert sind, der sonst wohl seine Verwendung bei den RTL II Action-News findet. Das nennt man dann Fallhöhe, ist für einen Moment lang skurril aber leider nicht abendfüllend.

Richtig ärgerlich wird es aber dann, wenn diese dramaturgischen Unzulänglichkeiten auf einen verkappten Rassismus treffen. Besonders deutlich im Vergleich der ersten beiden Folgen der ersten Staffel. Der Balkanrüpel aus Folge eins, der holterdipolter seine Exfrau über den Haufen schießt, um dann eine Geisel zu nehmen, ist als Figur platt und konturlos, die plumpe Karikatur eines unzivilisierten, brutalen Unmenschen, der den Jungs (und dem einen Mädchen) Anlass bietet, das schwere Gerät auszupacken. So unmotiviert sein Auftritt, so schnell auch sein Abgang. Der Typ kann noch nicht mal englisch, was soll man da groß verhandeln...

Der brave Familienvater hingegen, der in Folge zwei die Intensivstation eines Krankenhauses heftig aufmischt, hat das Verständnis der schnellen Eingreiftruppe. Mit Engelsgeduld und Engelszungen wird auf den Mann eingeredet, der recht eigentlich seiner Tochter brutal ein Spenderherz erpressen möchte. Fehlt nur noch, dass nach durchstandener Geiselnahme die Cops mit diesem recht eigentlich grundanständigen Mann ein Feierabendbier trinken.

Der Rassismus, der hier zutage tritt, ist vielleicht noch nicht mal boshaft oder Prinzip. Er scheint eher Ausdruck einer besonders beschränkten Weltsicht und simplen Fantasie der Macher. FLASHPOINT wirkt so uninspiriert, die Geschichten so ärmlich hingeklatscht, man fragt sich, ob dieser Quatsch eine Strafarbeit für untalentierte Drehbuchautoren war, die dann auch entsprechend lustlos runtergeschrubbt wurde.

Es ist zwar kein schöner Gedanke, aber dennoch kann ich mich ihm nur schwer erwehren: Was wäre, wenn der Balkanrüpel nicht so viel rumgebrüllt und statt dessen seine schöne Geisel erschossen hätte... der Welt wäre ein Haufen trash erspart geblieben.

FLASHPOINT - DAS SPEZIALKOMMANDO läuft ab dem 06.05.2010 bei RTL II.











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