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Dem anderen einfach mal kräftig die Fresse zu polieren ist für den sportlichen Kraftprotz aus der Muckibude ja immer noch der unmittelbarste Weg der Kommunikation. Das lehrt zumindest THE FIGHTERS, in dem nicht das Wort, sondern die Faust das Sagen hat, in dem ausreichend geprügelt, geboxt und gekickt wird – und der sich damit selbstredend auf das Genreregelwerk der 80er beruft. Der Retro-Kampfsportfilm negiert jedwede Reflexion, die über das Männer-Gekloppe in der Post-Van-Damme-Ära so angestellt wurde – z.B. in David Finchers FIGHT CLUB, wo das Sudeln im Schweiß und Öl nackter Muskelkörper unter anderem einer satirischen Offenlegung jener sublimen homosexuellen Neigungen diente, die das Sujet ja eigentlich mit allen Mitteln auszuklammern versuchte – und folgt der strikt schematischen Dramaturgie eines Kampfes zwischen sanftem Wilden und ungehobeltem Rivalen, einer klassischen Siegergeschichte samt weisem Lehrer und schickem Bikini-Girl.
Der Sieger in spe heißt Jake (Sean Faris, so ein Tom Cruise im C-Format), ist zunächst noch ein etwas schüchternes Raubein und muss sich an der neuen Schule auch erst einmal beweisen. Weil ihm die knapp bekleidete Baja (Amber Heard) Avancen macht, lässt er sich auf einer Party zu einem so genannten Free Fight ein. Dort hauen sich durchtrainierte, braun gebrannte College-Boys reihenweise die Schädel zu, allen voran Frauenschwarm Ryan (Cam Gigandet), der es auch gleich auf den neuen Konkurrenten abgesehen hat (dieser Ryan ist übrigens mit Baja zusammen, die sich im Prinzip für alles prostituiert, was drei Beine hat – ganz traurig, dass die gute Amber sich nach ihrer Paraderolle als MANDY LANE nun zum sexistischen chick flick degradieren lässt). Es kommt jedenfalls wie es kommen muss: Zwei Stunden lang dümmste gestylte Machorivalitäten, ehe der finale Kampf die Entscheidung bringt. Ach so, ja: Jake kämpft nebenbei in einer Sportgruppe von Jean Roqua (Djimon Hounsou), der den Pat Morita-Part des lehrreichen alten Mannes gibt, für den Kämpfen keine Lösung darstellt, sondern nur Atmen ("you have to breath, don't fight yourself" und solchen Schmu). Der Witz an diesem Handlungsgerüst ist wie so oft der, dass all das pseudoeloquente Wortgetöse des pazifistischen Lehrmeisters schließlich keine Bedeutung hat, weil sein Zögling ja doch immer den direktesten Weg geht, seinem Kontrahenten nämlich ordentlich aufs Maul zu geben. Und am Ende sind trotzdem alle glücklich. Auch der Mentor.
Das alles wäre in seiner stupiden Inszenierung, seiner moralischen Einfältigkeit und emotionalen Standfestigkeit bestenfalls unfreiwillig komisch, gewiss aber nicht besorgniserregend, ärgerlich oder sonst irgendwie von Belang (eher noch rührig-armselig, so in seiner verkrampften Männlichkeitschose), würde THE FIGHTERS mit gewaltverherrlichender Selbstgefälligkeit trotz Retro-Attitüde nicht doch den Bogen in die Gegenwart schlagen. Und der geht natürlich ebenso den geringsten Weg des Widerstandes wie die Muskelheinis im Film. Das neue Element heißt Web 2.0: Via YouTube können die Kämpfe mitverfolgt, aufgezeichnet und reproduziert werden, je mehr Videos entstehen und je härter die gefilmten Kämpfe im Alltag ausfallen, desto höher die Klickzahlen. In der Tat greift der Film hier als einer der ersten das zunächst auf Schulhöfen auftretende Phänomen gefilmter Übergriffe auf Mitschüler auf, deren Täter mit den entsprechenden Handy-Videos zu virtueller Bekanntheit gelangen. THE FIGHTERS glorifiziert diese Praxis auf nahezu unerträgliche Art. Nicht eine einzige kritische Stimme findet im Film Gehör – die überforderte Mutter von Jake findet schließlich sogar selbst Gefallen an Gewalt und kann ihren Sohn deshalb auch verstehen, der Trainer wiederum bleibt mit seinen Phrasen gehörlos und setzt seine Androhung, Jake rauszuschmeißen, wenn er weiter an Free Fights teilnimmt, sowieso nicht um – und nicht mal im Ansatz wird die Frage gestellt, ob das sinnfreie Aufeinanderdreschen nicht vielleicht doch noch Alternativen zulassen würde (oder was das alles überhaupt soll).
Absurd verharmlosend wird es dann endgültig, wenn der Held und sein Gegner sich im Finale erst unentwegt die Köpfe einschlagen, sich am nächsten Schultag aber respektvoll zugrinsen. Man weiß dann wirklich nicht, ob man lachen oder weinen soll. Und deshalb ist THE FIGHTERS nicht nur ein profaner und langweiliger Film, sondern ein wirklich bedenklicher dazu. Vorausgesetzt er wird von Leuten gesehen, die auch Denken können.
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