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Obwohl Triadenboss Lin Ho Lung (Sammo Hung) überglücklich ist, dass seine Mätresse ihm einen kleinen Sohn geschenkt hat, hat er insgesamt schon mal bessere Zeiten gesehen. Die Polizei sitzt ihm im Nacken, sein Bruder und Kompagnon Tung (Simon Yam) hat mit seiner Spielsucht zu kämpfen, die jungen Gangster heutzutage haben auch keinen Respekt mehr vor dem Alter, und seine Frau (Kelly Chu) steckt die Sache mit dem Sohn wohl doch nicht so souverän weg, wie es nach außen hin den Anschein hat. Lungs Organisation geht den Bach runter – aber ganz sicher nicht kampflos ...
Es gibt eine Szene kurz vor Schluss, die wunderbar auf den Punkt bringt, was mit FATAL MOVE nicht stimmt, und warum das letztendlich egal ist. Nach einer dramatischen Aussprache der Eheleute und vor dem eigentlichen Showdown krempeln Don Lung und einer seiner Handlanger noch mal schnell die Ärmel hoch, machen die Tür hinter sich zu und liefern sich einen ausgedehnten Zweikampf. Die Szene hat keinerlei Konsequenz aus der oder für die Handlung, sie zögert die Auflösung der wichtigen Ereignisse nur hinaus. Aber sie macht Spaß, und deshalb muss man ihren höheren oder tieferen Sinn nicht hinterfragen.
Nicht hinterfragen ist die oberste Regel für den ungetrübten Genuss des Films. Eine naturalistische, schwer zu ertragende Folterszene mit Zange, Zahn und Fingernagel steht neben allerlei Comic-Gewalt mit unglaubwürdigen CGI-Verstümmelungen und schwerelosem Pixel-Blut. Mal ist FATAL MOVE komplexes Triaden-Drama, bei dem der Überblick über allerlei Figuren und Parteien behalten werden möchte. Dann wieder wird der Film zum Zirkus-Action-Spektakel mit Menschen, die aus dem Stand auf die Dächer fahrender Autos springen, oder die aus Hochhäusern gesprengt werden, auf den Füßen landen und sofort weiterrennen zur nächsten Schießerei. Nichts passt zusammen, aber alles ist eins. Feine kleine Details verliert Regisseur Dennis Law bei allen großen Gesten nicht aus den Augen. Das ist zum Beispiel ein alternder Triadenboss, den nur noch eines interessiert: Coca-Cola mit Strohhalm. Solche Kleinigkeiten verleihen einem Film Persönlichkeit. Auch der Spagat zwischen Tragik und Komik gelingt vorzüglich. Nach einem emotionalen Gespräch zwischen Lung und Tung setzt sich letzterer eine Sonnenbrille auf, um seine unmännlichen Tränen zu verbergen. Lung fragt: "Kannst du mit dem Ding bei Nacht überhaupt sehen?" Tung antwortet lapidar: "Klar, ich bin doch Gangster." In einem Tarantino-Pop-Komödchen wäre das ein mittlerer Schmunzler, aber Dennis Law macht daraus einen echten, weil völlig unerwarteten Brüller, ohne die ernste Grundstimmung zu kompromittieren. Selbstverständlich gelingt das nicht ohne die richtigen Darsteller. In FATAL MOVE tummeln sich so viele zurecht hochgeschätzte Alt- und Jungstars des Hongkong-Gangster-Kinos, dass man meinen könnte, es gäbe was zu feiern. Und das gibt es ja auch.
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