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DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ (USA 2013)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. OZ THE GREAT AND POWERFUL
Laufzeit in Minuten. 90

Regie. SAM RAIMI
Drehbuch. MITCHELL KAPNER . DAVID LINDSAY-ABAIRE
Musik. DANNY ELFMAN
Kamera. PETER DEMING
Schnitt. BOB MURAWSKI
Darsteller. JAMES FRANCO . MILA KUNIS . MICHELLE WILLIAMS . ZACH BRAFF u.a.

Review Datum. 2013-03-09
Kinostart Deutschland. 2013-03-07

Sam Raimi hat in seinen SPIDER-MAN-Filmen bewiesen, dass er durchaus in der Lage ist, ein beliebtes, ikonisches Franchise einerseits liebevoll und zumindest im Geiste originalgetreu umzusetzen und sich gleichzeitig zu eigen zu machen, auf seine eigene, persönliche Weise zu interpretieren. Wenn es also einen Grund zur Hoffnung gab, dass DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ (obwohl es sich um ein Prequel handelt und diese meist noch langweiliger sind als Remakes) ein sehenswerter Film wird, dann war das die Tatsache, dass Raimi auf dem Regiestuhl saß. Und, soviel muss man Raimi zugute halten, man spürt die Liebe zum "Original”, also zum Klassiker DER ZAUBERER VON OZ von 1939, der als die definitive Interpretation des Stoffes gilt und wohl mehr noch als die Romanvorlage von L. Frank Baum als Maßstab herhalten muss. Und wahrscheinlich liegt genau hier das Problem: Obwohl offiziell eine Adaption von Baums Romanen und kein Prequel, bedient sich Raimi in DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ weniger der reichhaltigen Mythologie der Romane oder traut sich an eine wirklich mutige eigene Interpretation, als dass er seinen Film bewusst eng am Klassiker anlehnt und somit den Vergleich natürlich noch provoziert - einen Vergleich, den der Film nur verlieren kann. Nicht ohne Grund zeichnet sich die andere ikonische Oz-Adaption, der Roman und das Musical Wicked, eben durch einen bewusst revisionistischen Ansatz aus.

Wie die 1939er-Verfilmung eröffnet auch DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ mit einem Prolog in schwarz-weiß, in dem wir James Francos Oscar als Zirkusmagier kennenlernen (und der nebenbei die Verbindung zu Dorothy Gale herstellt), bevor wir mit seiner Ankunft in Oz zu 16:9 und Farbe wechseln. Dort trifft er nacheinander auf die drei Hexen Theodora (Mila Kunis), Evanora (Rachel Weisz) und Glinda (Michelle Williams), die sich gegenseitig beschuldigen, als "Wicked Witch” das Land zu terrorisieren und in Oscar den prophezeiten Zauberer, der Oz befreien soll, sehen.

Oscar ist als komische Figur angelegt, als Hochstapler, der recht unbeholfen durch das fantastische Oz stolpert und mehr oder weniger gegen seinen Willen von Michelle Williams' Glinda in die Heldenrolle geschubst wird. Franco spielt ihn mit derselben Stoner-Abwesenheit, mit der er vor ein paar Jahren die Oscars moderiert hat und kollidiert mit dieser modernen, ironisch-distanzierten Haltung mit der Welt und den Bewohnern von Oz. Das funktioniert immer dann, wenn gerade der Humor im Vordergrund steht: in den Wortwechseln mit seinem Sidekick, einem von Zach Braff gesprochenen fliegenden Affen (ohnehin das klare Highlight des Films) oder ironischen Seitenhieben auf das "Original”. Doch wenn es darum geht, die Beziehungen zwischen den Charakteren sowie Oscars Motivation und seine angebliche Wirkung auf andere Figuren spürbar zu machen, versagt DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ. Das ist nur zum Teil Francos Schuld: Mindestens ebenso problematisch sind auch die Figuren der drei Hexen, sowohl in Hinblick auf die Besetzung als auch auf das Drehbuch. Die emotionale Involviertheit des Zuschauers hängt zu großen Teilen von Francos Beziehungen zu Theodora und Glinda ab (mit Weisz' Evanora wusste offenbar niemand irgendwas anzufangen), Beziehungen, die bis zum Ende nur behauptet bleiben. Besonders die von Oscar ausgelöste Entwicklung von Mila Kunis' Theodora ist nie so recht nachzuvollziehen, auch, weil Kunis sich als eindeutige Fehlbesetzung herausstellt, die weder anfangs nennenswerte Chemie mit Franco aufbaut noch der späteren Tragik ihrer Figur Ausdruck verleihen kann. Wesentlich besser schlägt sich Michelle Williams, die Glinda etwas Geheimnisvolles gibt, eine Ahnung, dass hinter ihrer unschuldigen good girl-Fassade tatsächlich die starke Herrscherin steht, als der ihre Untergebenen sie sehen und die Oscar weniger deshalb zum Helden erklärt, weil sie in ihm tatsächlich etwas Besonderes sieht, als weil sie ihrem Volk ein Bisschen Hoffnung schenken will und sich außer Oscar gerade einfach niemand anbot. Leider muss auch sie, genau wie Kunis und Weisz, mit Dialogen arbeiten, die zur Hälfte aus uninteressanter Exposition und zur anderen Hälfte aus Floskeln bestehen und in denen die Hexen nie eigenständige, über Stereotype hinausgehende Charakterzüge offenbaren.

So richtig schlecht ist DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ wegen all dem dann allerdings auch nicht. Raimi hat eben einen Nummer-sicher-Film gemacht, er ist keine Risiken eingegangen, er weiß, was funktioniert und macht sich daher nur minimale Mühe, den Zuschauer zu überzeugen, denn der weiß ja eh, was kommt und worauf er sich einlässt. Das Ergebnis ist ein Film, der einerseits mit seinem halbherzig erzählten, vorhersehbaren Plot und seinen flachen Charakteren ziemlich kalt lässt, andererseits aber zumindest, was die Schauwerte angeht, alle Erwartungen erfüllt: Von einigen wenigen Szenen abgesehen, in denen Oz wie eine Fototapete wirkt, vor der die Schauspieler agieren, präsentiert uns Raimi tatsächlich DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ, eine farbenprächtige, beeindruckende Welt mit glaubhaften CGI-Charakteren. Und es ist eben ein Film, der zwar in seiner Verehrung für die klassische Verfilmung nie überrascht, der aber das Vorbild auch nicht "beschädigt”, der Welt und Mythologie von Oz nichts von ihrem Zauber nimmt. Raimi liefert keinen Grund, sich über die DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ aufzuregen. Aber auch keinen, den Film anzusehen, wenn man auch einfach noch einmal den Klassiker schauen kann.











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