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DEATHLY WEAPON (USA 2008)

von Hasko Baumann

Original Titel. PISTOL WHIPPED
Laufzeit in Minuten. 100

Regie. ROEL REINÉ
Drehbuch. J.D. ZEIK
Musik. GERALD BRUNSKILL
Kamera. RICHARD CRUDO
Schnitt. TODD C. RAMSAY
Darsteller. STEVEN SEAGAL . LANCE HENRIKSEN . BLANCHARD RYAN . ANTONI CORONE u.a.

Review Datum. 2008-03-06
Kinostart Deutschland. direct-to-video

Ich möchte zu Beginn dieses Artikels etwas tun, was man zu Beginn eines Artikels tunlichst zu vermeiden hat: Ich schweife ab. Allerdings schweift es sich am Schönsten im erweiterten Universum der Aikido-Kampftonne Steven Seagal, und um den soll es ja auch heute wieder gehen. Erstens mal darf als beste Seagal-News unserer Zeit gelten, daß der große Zen-Meister des ruppigen Actionfilms für 100 Millionen Dollar ein Filmstudio in Moldawien errichten will. Das nenne ich Osterweiterung, ein Mann bricht durch! Wo andere sich noch verschämt die Pfoten vors Gesicht halten, weil sie hinter Bulgarien nur noch schattige Jugendherbergen wähnen, baut Seagal die Zukunft. Er kartographiert das neue Europa, so sieht es nämlich aus. Und dann habe ich noch einen "offenen Brief" im Internet gefunden, in dem sich ein besorgter Leser der Kampfsportpostille "Aiki News" 1993 an Seagal und Freunde wandte. "Was tun Sie, um ihre Kinder von dem Stausee der unwillkommenen Stimulationen zu beschützen?" fragt der Mann, dessen Sohn sich ob der Gewalt in Stevies Filmen verschreckt zeigt! Und damit bringt er uns nahtlos rüber zu Stevies neuem Werk: PISTOL WHIPPED. Beziehungsweise DEATHLY WEAPON. Oder auch MARKER.

Egal, wie das Teil nun heißt, drinnen steckt Seagal, und zwar so viel Seagal wie schon lange nicht mehr. Stevie haut sich zwar offenbar immer noch ne Ladung Extra-Öl auf die große Pizza mit doppelt Käse, kommt aber eher massig als fett rüber und traut sich daher endlich mal wieder selbst vor die Kamera - anstatt das wie in den letzten Jahren über die als "Seagal-Close Up" bekannte Einstellung (Unterlippe bis Stirn) hinaus von Doubles erledigen zu lassen. Vom Holländer Roel Reiné (THE DELIVERY) angeblich in schlanken 19 Tagen für schlanke 10 Millionen gedreht, besticht der neue Seagal insbesondere durch seine schlanke Handlung. Matt (Seagal in vielen Hemden, wie sie UPS-Lieferwagenfahrer beim Bowling tragen würden) ist ein versoffener Spieler und Ex-Cop, dessen Leben keine Schachtel Pralinen war. Lieb hat ihn nur ein Priester, der gern mal mit Matt in seiner Kirche abhängt und die Gemeinde Gemeinde sein läßt, und seine kleine Tochter. Die hat einen neuen Papa, der ist Polizist und erfindet auch mal eine Ausrede, wenn Matt zu tief ins Glas geschaut hat und den Nachwuchs nicht empfangen kann.

Keine Kohle, keine Freunde - so leer und lau könnte sich der Rest vom Leben also um sich selber drehen. Doch wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt... Lance Henriksen her! Ja, der gute Lance mit dem bösen Gesicht und der zehn Meilen tiefen Stimme hat sich mittlerweile ins Seagal-Land runtegeirtschaftet. Als "Old Man" hat er zwei kurze Auftritte, in denen er Stevie sagt, wo's langgeht. Fortan darf sich unser ranziger Alki Matt als Auftragskiller verdingen, der nicht weiß, warum und wieso, aber ahnt, daß die Welt ohne die ganz bösen Jungs ein besserer Ort ist. Das erinnert mitunter an den Bronson-Reißer DEATH WISH IV - DAS WEISSE IM AUGE, was ich als Kompliment verstanden wissen möchte. Seagal begibt sich, anstatt mit Präzisionswaffen aus der Ferne die üblen Gestalten auszuknipsen, absichtlich auf Tuchfühlung. Am schönsten sieht das aus, wenn er sich mitten im Restaurant zu einem Gangsterboß an den Tisch setzt und diesen zu einer Entschuldigung für sein ungebührliches Verhalten gegenüber der Bedienung überreden will. In der Business-Sprache könnte man sagen: Er eskaliert die Situation. Und macht die Entourage des Mafioso im Sitzen fertig.

Obwohl man - wie auch in den letzten 12 Filmen des Meisters - weiterhin den Eindruck hat, Seagal würde die Fights vor allem dank seiner Körpermasse gewinnen, schaut man dieses Mal verzückt zu, wenn er seine Gegner zu Mus haut. Man kriegt wieder richtige Schlagabtäusche zu sehen und darf mehrfach jubeln, wenn Stevie dem Widersacher blitzschnell die Knarre aus dem Griffel haut und danach das Handgelenk auf links dreht. Die Schießereien und die etwas unglücklich inszenierte Autoverfolgungsjagd können da nicht mithalten, auch wenn es im Showdown auf einem Friedhof nochmal richtig kracht und die großen Blutbeutel zum Platzen gebracht werden. Das ist das Problem bei diesem ansonsten erstaunlich soliden Klopper: Er hat zwar eine wunderbar simple und geradlinige Handlung, aber ganz einfach zwei Actionszenen zu wenig.

Seagal selbst hat aber offenbar Spaß. Ab und zu kann er sein geliebtes "Motherfucker" rauspressen und schenkt uns das eine oder andere Lächeln. In den Szenen mit seiner Filmtochter darf er regelrecht sympathisch vor sich hin kichern, und da ihm das Drehbuch mal wieder eine Frau ins Bett schreibt, auch mal fröhlich ulken: "I would like you a lot less if you had a dick - especially one bigger than mine!" Da sich Seagal gottlob wieder ein wenig vom Casting zu "Plattfuß in Bukarest" wegzubewegen scheint, ist mit dem Mann durchaus noch zu rechnen. Und wer in Moldawien 100 Millionen in den Sand setzen will, hat eh nen dicken Schwanz.











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