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DEADPOOL (USA 2015)

von André Becker

Original Titel. DEADPOOL
Laufzeit in Minuten. 108

Regie. TIM MILLER
Drehbuch. RHETT REESE . PAUL WERNICK
Musik. JUNKIE XL
Kamera. KEN SENG
Schnitt. JULIAN CLARKE
Darsteller. RYAN REYNOLDS . ED SKREIN . MORENA BACCARIN . GINA CARANO u.a.

Review Datum. 2016-02-17
Kinostart Deutschland. 2016-02-11

Der kundige Leser weiß es bereits: DEADPOOL gehört in den illustren Kreis der Superheldenfilme, die ein R-Rating erhalten haben und somit im Produktionsland erst für ältere Semester freigegeben wurde. Dies lässt natürlich aufhorchen, impliziert die hohe Freigabe doch ein mögliches Abweichen von den etablierten, familienfreundlich zurechtgestampften, Standards innerhalb der filmischen Herangehensweise an das mittlerweile in ihrer Vorhersehbarkeit arg gebeutelte Superhelden-Genre. Die geschürten Erwartungen sind also schon mal entsprechend groß. Aber bietet der Marvel-Film tatsächlich ein Kontrastprogramm zu den üblichen Big-Budget-Comicverfilmungen, oder ist der Hype, der nach den ersten Teasern die Fanbase erfasste, mal wieder nichts als heiße Luft im digitalen Rauschen?

Sonnyboy Ryan Reynolds spielt Wade Wilson einen ehemaligen Söldner, der plötzlich erfährt dass er unheilbar an Krebs erkrankt ist. Als er bereits alle Hoffnung aufgegeben hat, bekommt er von einem mysteriösen Mann ein Angebot, dass er nicht abschlagen kann. Das Ganze klingt dabei zu schön um wahr zu sein. Mittels einer angeblich schon mehrfach erprobten Behandlung soll sein Körper Superkräfte entwickeln - die wirksame Bekämpfung seiner Krebserkrankung inklusive. Wade willigt gedankenverloren ein und begibt sich kurze Zeit später in die Obhut des diabolischen Forschers Ajax (Ed Skrein). Ein fataler Fehler, denn der psychopathische Ajax hat eigene, ganz und gar grausame Pläne mit seinem neuesten Versuchskaninchen. Dieser will die so herangezüchteten Mutanten versklaven und für seine sinisteren Zwecke einsetzen. Und nicht nur das. Wade trägt nach der Mutation, die zur Folge hat, dass zugezogene Verletzungen in Sekundenschnell heilen, irreparable Schäden am gesamten Körper davon. Der nun mutierte Ex-Söldner schwört Rache und flieht aus dem Forschungslabor. Fortan ist ein neuer Superheld in der Stadt. Deadpool ist geboren und immer noch mächtig sauer auf seinen Peiniger. Um Ajax den Garaus zu machen zieht der nie um einen lockeren Spruch verlegene Mutant eine Schneise der Verwüstung durch die Stadt.

Ja, DEADPOOL ist in der Tat ein Marvel-Film der etwas anderen Art. Mehr Blut, nackte Haut und vor allem derbe, politisch reichlich unkorrekte Sprüche unter der Gürtellinie sah man bislang noch in keiner Comicverfilmung aus diesem Hause. Und schon gar nicht im X-Men-Universum, in dem der Film angesiedelt ist. Das ist natürlich noch kein Qualitätskriterium, dürfte die Fans der Vorlage aber rundum zufriedenstellen und Beifall klatschen lassen. Skeptiker kriegen überdies eh den Stinkefinger gezeigt und das mit Nachdruck. Positiv hervorzuheben ist auf jeden Fall, dass unter der unfassbar hohen Schlagzahl an herausgekloppten Sprüchen, Witzeleien und Zoten erstaunlich viele Gags zünden und diese dabei durchaus originell ausfallen.

Obwohl der Brachialhumor oftmals streckenweise arg bemüht das eigene Genre parodiert und dies das eine oder andere Mal zu aufdringlich tut (damit es auch wirklich jeder versteht), gefällt der lockerflockige, immer wieder ins Absurd-Übersteigerte abdriftende und vor Selbstironie berstende Tonfall. Ein wenig hinter seinen Möglichkeiten bleibt DEADPOOL leider in seinen Actionszenen. Sicher, die vorhandenen Shoot-outs, Kämpfe und sonstigen Krawall-Sequenzen sind ordentlich gefilmt. Wirklich spektakulär, oder atemberaubend wird es allerdings nie und generell wird einfach viel zu selten die Action-Keule rausgeholt. Hinzu kommt, dass der Ansatz des Drehbuchs die Entstehungsgeschichte der Hauptfigur in Rückblicken zu erzählen dem Handlungsverlauf mehrfach den benötigten Raum zum Entfalten nimmt. Warum das Drehbuch diese Rückblicke dann zudem teilweise sogar mitten in der Action platziert hinterlässt jedenfalls ein ziemlich großes Fragezeichen.

Aber, und hier nähern wir uns sicheren Schrittes dem Fazit, letztlich macht DEADPOOL eine Menge Spaß und sehr vieles, sehr richtig. Das Herzensprojekt von Ryan Reynolds hat durchaus mit dem einen oder anderen Schönheitsfehler zu kämpfen, untern Strich sind die positiven Aspekte des Films dennoch deutlich in der Überzahl. Allein der Anfang bei dem während der Credits ordentlich gegen das verkrustete Studiosystem Hollywoods mit all seinem Größenwahn ausgeteilt wird, ist wunderbar bissig und rein inszenatorisch eine Wucht.

Darüber hinaus wissen die zahlreichen Anspielungen auf Filme und Popkultur zu gefallen. Die Drehbuchautoren und Regisseur Tim Miller geben dabei sowohl dem fachkundigen Nerd, als auch dem Mainstreampublikum ordentlich Anlass im eigenen Filmgedächtnis zu graben. Ebenfalls gelungen sind die wohldosierten und perfekt getimten Szenen, in denen Deadpool seine Zuschauer direkt anspricht und sie damit schnurstracks ins sympathisch-chaotische Geschehen involviert. Die diesbezüglich eingenommene Meta-Perspektive auf narrative und inszenatorische Gegebenheiten pusht die Produktion tatsächlich noch einmal deutlich in Punkto Entertainment.

DEADPOOL mag sein Sujet manchmal ein wenig überambitioniert angehen, insgesamt bietet die rasante und in ihrer Ausrichtung ungebremst laute Action-Comedy aber vorzüglich kurzweilige, angenehm gegen den Strich gebürstete Unterhaltung. Mit seinem pubertärem Dauer-Geplapper sicher nicht jedermanns Sache und lange nicht so krass (vor allem was die Darstellung von Sex & Gewalt angeht) wie vielerorts behauptet, besitzt der Film und seine Hauptfigur genug Eigenständigkeit und eine erfrischend unverbrauchte Leichtigkeit um im Marvel bzw. X-Men-Universum eine Sonderstellung einzunehmen.











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