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COLD BLOOD - KEIN AUSWEG, KEINE GNADE (USA 2012)

von Benjamin Hahn

Original Titel. DEADFALL
Laufzeit in Minuten. 95

Regie. STEFAN RUZOWITZKY
Drehbuch. ZACH DEAN
Musik. MARCO BELTRAMI
Kamera. SHANE HURLBUT
Schnitt. ARTHUR TARNOWSKI . DAN ZIMMERMAN
Darsteller. ERIC BANA . OLIVIA WILDE . CHARLIE HUNMAN . SISSY SPACEK u.a.

Review Datum. 2012-11-19
Kinostart Deutschland. 2012-11-22

Es war das Jahr 2005, so berichtet zumindest die LA Times, da machte der High-School-Lehrer Zach Dean eine lebensverändernde Erfahrung: Auf einem Flug von Burbank nach New York gab es Schwierigkeiten mit dem Fahrwerk des Flugzeugs, das daraufhin umkehren und notlanden musste. Während all dies geschah, dachte Dean, so will es jedenfalls die Legende, lange Zeit über sein Leben nach und entschloss sich schließlich ein Drehbuch zum Thema Familie zu schreiben, das sich insbesondere der Loyalität und den Emotionen in Ausnahmesituationen widmen sollte. Fünf Jahre später war mit Stefan Ruzowitzky ein Regisseur für das KIN betitelte Projekt gefunden, das inzwischen in den USA unter dem Namen DEADFALL und in Deutschland als COLD BLOOD - KEIN AUSWEG, KEINE GNADE bekannt ist.

Die Familie also als grundlegendes Thema, das Dean hier von einer interessanten Warte aus angeht: Addison (Eric Bana) und Liza (Olivia Wilde) sind Geschwister, die gerade eine illegale Spielhalle überfallen haben. Auf der Flucht kommt es zu einem Unfall mitten in der verschneiten Einöde des amerikanischen Nordens. Um unerkannt nach Kanada zu gelangen, trennen sie sich, bleiben aber in ständigem Kontakt. Zeitgleich macht sich der gerade aus dem Knast entlassene Jay auf den Weg zu seinen Eltern. Unterwegs trifft er auf die völlig unterkühlte Lisa, die er vor dem sicheren Kältetod bewahrt...

Aus dieser Grundsituation heraus entwickeln Regisseur und Drehbuchautor einen spannenden und kompromisslosen Thriller, der sehr geschickt die verschiedenen Handlungsstränge ineinander montiert und auf eine unausweichliche Konfrontation zusteuern lässt, die in Sachen suspense locker mit anderen Genrevertretern wie SCHWEIGEN DER LÄMMER mithalten kann. Doch leider kann nicht alles an COLD BLOOD - KEIN AUSWEG, KEINE GNADE überzeugen: Wenn sich die Dialoge mit biblischen Verweisen aufplustern und bedeutungsschwanger geben, der Film sich aber nicht einmal die Mühe macht, die mit tiefem Ernst dahingesagten Worte wenigstens als falsche Fährte einzusetzen, dann zweifelt man schon an den Fähigkeiten des Drehbuchschreibers.

Gleiches gilt für eine merkwürdig deplatziert wirkende Szene mit Olivia Wilde, die wohl ihren Charakter mysteriöser und interessanter erscheinen lassen soll, im Kontext aber einfach schlichtweg keinen Sinn macht, weil der Film nie wieder auf ihr Verhalten zurückkommen wird. Dass Konflikte, Probleme und bestimmte charakterliche Eigenheiten nicht weiter vertieft oder aufgelöst werden, ist im Übrigen symptomatisch für diesen Film. De facto werden innerhalb des von Nebenhandlungen nur so strotzenden Films nur zwei Geschichten weitestgehend (also nicht einmal erschöpfend) auserzählt: Die des Gangsterpaares und die von der Beziehung zwischen Jay und seinen Eltern. So eine immense Anhäufung angerissener, aber nicht einmal im Ansatz auserzählter Handlungsstränge findet man sonst für gewöhnlich nur in den Pilotfolgen neuer TV-Serien, die Interesse schüren und die Konflikte etablieren sollen, die dann in der nachfolgenden Serie weiter behandelt werden.

Doch weil COLD BLOOD - KEIN AUSWEG, KEINE GNADE eben kein Einstieg in eine TV-Serie ist, sondern ein in sich geschlossener Kinofilm sein will, kann man ihm diese narrativen Brüche und Lücken nur schwerlich durchgehen lassen. Dass die Kernhandlung packend inszeniert ist, die Regie überzeugen kann und die Schauspieler eine sehr gute Leistung abliefern, lässt den Film wenigstens nicht frontal gegen die Wand fahren, sondern sich nur ein paar Blechschäden einfangen.

Stefan Ruzowitzkys zweiter Hollywood-Film nach dem ziemlich in die Hose gegangenen MÄNNER IHRER MAJESTÄT ist sicherlich keine Offenbarung, aber mit COLD BLOOD - KEIN AUSWEG, KEINE GNADE liefert der Oscar-Gewinner endlich mal wieder einen Genrebeitrag ab, der an seine guten, alten ANATOMIE-Zeiten erinnert. Fazit: Kann man sich mal geben.











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