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BLOOD: THE LAST VAMPIRE (Hong Kong/Japan/Frankreich 2009)

von Andreas Neuenkirchen

Original Titel. BLOOD: THE LAST VAMPIRE
Laufzeit in Minuten. 91

Regie. CHRIS NAHON
Drehbuch. CHRIS CHOW
Musik. CLINT MANSELL
Kamera. POON HANG SANG
Schnitt. MARCO CAVE
Darsteller. GIANNA JUN . ALLISON MILLER . LIAM CUNNINGHAM . JJ FEILD u.a.

Review Datum. 2009-11-06
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Im Jahre 2000 war die Anime-Welt ganz aus dem Häuschen wegen des japanischen Zeichentrickfilms BLOOD: THE LAST VAMPIRE von Hiroyuki Kitakubo. Ein seltsamer Film. Zu kurz für einen vollwertigen Kinofilm, zu lang für einen Kurzfilm, von einer Handlung konnte man nur mit viel gutem Willen sprechen, die Figuren waren reine Oberfläche. Aber technisch war die Dämonenkiller-Schnurre ihrerzeit die alleinige Speerspitze des Genres, und die düstere Atmosphäre sprach wohl auch die Trickfreunde an, die von der knallbunten herkömmlichen Anime-Welt die Nase voll hatten, oder sie schon immer suspekt fanden. Lange wurde von Fortsetzungen oder Remakes gemunkelt. Nun, nach neun Jahren, gibt es tatsächlich einen neuen BLOOD-Film. Er heißt wie der alte und ist die abendfüllende Realverfilmung des Stoffes.

Das vierhundertjährige Mädchen Saya (Gianna Jun alias Jeon Ji-hyun) ist Dämonenjägerin im Auftrag einer ominösen Geheimorganisation. Schon lange interessiert sie sich nicht mehr für jeden dahergelaufenen Dämon, sondern nur für die Oberdämonin Onegin, mit der sie auch persönlich ein Hühnchen zu rupfen hat. Im Umfeld einer amerikanischen Militärschule auf japanischem Boden kommt sie ihr auf die Spur und stellt sie schließlich in Sayas ehemaligen Heimatdorf, wo noch einige unangenehme Enthüllungen auf die Heldin warten. Man möchte nicht zu viel verraten, aber seit DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK erwischen einen derartige Enthüllungen nicht mehr ganz so kalt.

Nach dem Realfilm stellt man sich zunächst dieselben drei Fragen wie nach dem Zeichentrickfilm:

1. Warum "Blood"?
2. Warum "Last"?
3. Warum "Vampire"?

Weder geht es hier um Vampire, noch ist irgendwer der oder die Letzte von irgendwas. Blut kommt zwar in ausreichenden Mengen vor, ist jedoch für den Gesamtzusammenhang kaum bedeutender als für den anderer Genrefilme. Aber was einen vor neun Jahren nicht gestört hat, wird einen auch heute nicht stören. Viel eher werden sich Old Schooler daran reiben, dass das meiste Blut hier computeranimiert ist. Steile These des Tages: Vielleicht sollte man das Mosern mal kurz unterbrechen und sich überlegen, ob CGI-Blut nicht eine ganz eigene Ästhetik hat, die sich genau so akzeptieren und für sich bewerten lässt wie die klassischer Analog-Fontänen, die ja nun auch nur eine künstlerische Abstraktion sind und nicht gerade arteriell korrekt spritzen.

Wer es unverbesserlich retro mag, kommt derweil mit einigen extrem gummihaften Gummimonstern ebenfalls auf seine Kosten. Der Film spielt im Jahre 1970. Manchmal wirkt er, als sei er auch von 1970.

Dank der Mischung aus Gummimonstern, Digitaleffekten, unwahrscheinlichen Stunts und prallem (Studio-)Lokalkolorit wirkt BLOOD: THE LAST VAMPIRE in seinen besten Momenten wie HELLBOY minus Humor. Die komplette Abwesenheit von freiwilligem Humor ist leider der Grund, warum BLOOD: THE LAST VAMPIRE auch in seinen besten Momenten keine echte Größe erreicht. Ein Film, der sich trotz aller Klischees und Unwahrscheinlichkeiten so bitterernst nimmt, wird schnell unfreiwillig komisch. Davon hätte der eine oder andere beabsichtigte Gag gut ablenken können, und man hätte nicht über jedes Gummimonster und jede gedroschene Phrase kichern müssen.

Trotzdem kann man BLOOD: THE LAST VAMPIRE seine Unzulänglichkeiten nicht richtig übel nehmen. Er ist ein klassischer Service-Film. Auf dem Poster ist ein grimmiges Schulmädchen mit einem Samurai-Schwert abgebildet. Man bekommt nicht etwa Lars von Triers lang ersehnte Verfilmung von "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", sondern einen Film, in dem ein grimmiges Schulmädchen ein Samurai-Schwert schwingt. Anfangs folgt der Realfilm dabei Bild für Bild der Zeichentrickvorlage, aber in der zweiten Hälfte haben beide Filme nahezu nichts mehr gemeinsam. Beides ist gut so. Zweimal denselben Film zu machen wäre genauso doof wie zwei gleichnamige Filme, die keinerlei Bezugspunkte haben. Der Realfilm gibt Saya etwas mehr Hintergrund und macht das Finale ganz zu ihrer persönlichen Rachegeschichte. Das ist nicht originell, aber Originalität ist nicht das Metier von Regisseur Chris Mahon, dessen Filme seit KISS OF THE DRAGON zunehmend einfältiger und hübscher werden. Sein Metier sind schnell geschnittene Action-Szenen in Neon-Bernstein-Optik zu Nu-Metal-Musik. Diese Art von Film ist BLOOD: THE LAST VAMPIRE. Nicht der aufregendste seiner Art, nicht der schlimmste. Es ist ein Snack-Film, genau wie der Anime. Vielleicht müssen wir auf das Hauptgericht noch mal neun Jahre warten. Oder der Stoff gibt einfach nicht mehr her, und muss es vielleicht auch nicht.

BLOOD ist ab dem 19. November als Kauf-DVD im Handel erhältlich.











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